Nieten-Clogs und traurige Dessous

■ „Mentalitäten“ nähert sich niederländischem Design / Ein schrill-buntes Potpourri in der Securitas Galerie

Niederländische Designer-Charaktere will die Securitas Galerie in Bremen derzeit in ihrer 32. Ausstellung zeigen. Doch in einem Rundschlag mit dem Titel „Mentalitäten – Niederländisches Design“ wird zuviel Unterschiedliches geboten, um sich auf einzelne Handschriften konzentrieren zu können. 50 Exponate umfassen alle Disziplinen von Grafik- und Industrie-Design bis zu Mode-, Schmuck-, Glas- und Keramikobjekten. Alle Arbeiten wurden zwischen 1992 und 1995 in den Niederlanden entworfen, auf den Markt gebracht und mit dem begehrten „Designpreis Rotterdam“ prämiert.

Schmuck, Vasen, Lampen, Sommerkleider, technische Apparate – gerade auf diese Vielfalt ist Ausstellungsorganisator Torsten Brandt von der Securitas Galerie jedoch stolz: „Wir zeigen alles quer durch den Garten. Das ist in Deutschland die erste Ausstellung, die nicht auf einzelne Bereiche wie Haushalts-, Möbel- oder Industriedesign spezialisiert ist.“ Daß hier medizinische Geräte mit Badeanzügen, Halsbänder mit Spazierstöcken konkurrieren, ist seiner Ansicht nach gerade der Witz der Sache.

Und so sind derzeit „Business“-Schuhe und –krawatten, auf denen Dollar-Emblem und Aktienkurse zu entziffern sind, neben Blumenteppich, Armreifen und kleinen Gebrauchsgegenständen wie dem präzise gearbeiteten Brieföffner „Fontana“ und einem gummierten Spazierstock zu sehen. Die Modelle von Lkw und Schlepper finden sich in unmittelbarer Nachbarschaft von luftigen Sitzmöbeln, Zeitungen mit großzügigem Layout und dem Absperrventil für einen integrierten Wasseruhranschluß.

Nicht immer glücklich ist dabei freilich die Präsentation im Foyer des Versicherungsgebäudes am Wall. Das Logo der niederländischen Polizei und klar gestaltete Röntgengeräte werden nur im Foto dokumentiert. Gegenüber den übrigen Exponaten können sie sich deshalb nur mit Mühe behaupten. Heftig vernachlässigt wirken auch zartfarbige Dessous. In der Bremer Ausstellung hängen sie wie nasse Lappen lieblos von Holzbügeln herab und scheinen von besseren Zeiten zu träumen.

Trotz dieser kleinen Schönheitsfehler werden Trends des Nachbarlandes durchaus deutlich. Auch niederländischen Möbeldesignern sind recycelte Werkstoffe und reduzierte Formen wichtig. Ein Bücherschrank von Jan Konings und Jurgen Bey aus Ahornholz und Packpapier, Schrauben und Muttern und Martijn Hoogendijks schaukelnde „Palettenliege“, die im Frühjahr bereits in der großen Design-Ausstellung im Neuen Museum Weserburg ausgestellt war, liegen voll im internationalen Trend.

Holland-Klischees wie Tulpen, Käse und Windmühlen haben ausgedient. Clogs kommen allenfalls in verfremdeter Form vor. Zwei junge niederländische Designerinnen haben bei ihren „Combat clogs“ Details von Cowboystiefeln, Motorradschuhen, Doc Martens und holländischen Holzklompen für das Schuhlabel „Lola Pagola“ eigenwillig gemixt und interpretiert. Ergebnis sind schwarze Holzclogs mit punkigen Nieten, die in Bremen auf grasgrünem Teppichboden präsentiert werden.

Zudem brechen skurrile Kombinationen aus Gummistiefeln und Sandalen, als „Transformaties“ betitelt, mit Konventionen. Ein Teppich in Form eines überfahrenen Hundes ist als ironischer Verweis auf das Tigerfell vorm Kamin zu verstehen. Ein Armband mit Miniatur-Dalmatiner aus Porzellan rechnet aggressiv mit dem sogenannten guten Geschmack ab. Das sind Objekte, die bei skandinavischen KollegInnen undenkbar wären.

Herausragend bei dieser Annährerung an die Mentalitäten der Niederländer sind schon eher Arbeiten der GrafikdesignerInnen. Fotos vom Amsterdamer Flughafen Schiphol zeigen klare Beschriftungen und Symbole „von der Autobahn zum Gate“, mit denen jeder klarkommt. In der Beilage des „NRC Handelsblad“ herrscht ein wohltuendes Gleichgewicht zwischen Bild und Text.

Karel Martens' Telefonkarten zeigen ausgewogene Zahlenkolonnen, die alle Telefonnummern der Welt enthalten. In Irma Boom's Schmetterlingsbriefmarken wird die Abbildung der einzelnen Falter mutig angeschnitten, um auf deren Bedrohung durch Umweltsünden hinzuweisen.

Bunt und diskussionswürdig ist dieses Design-Potpourri allemal. Gerade die Mischung mag einen Besucher zum Lob im Gästebuch animiert haben: „Eine schöne Blüte im Design-Herbst-Strauß“, heißt es dort.

Sabine Komm

Bis 8. Januar, montags bis feitags 8 bis 18 Uhr. Zur Ausstellung gibt es einen Katalog mit recht schlampig ins Deutsche übertragenen Textbeiträgen.