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Vorschlag

■ Löffelweise Nutella: Phil macht den Pittiplatsch in der Scheinbar

Kabarett, Kleinkunst und Verwandtes sind bekanntlich zwischen den Nummern meist am besten. Die Songs hat man oft schon zehnmal gehört, aber lachen muß man über die Monologe dazwischen, die sich zwar als Aussagen ausgeben, in Wirklichkeit aber allein dazu dienen, die Lustigkeit der Songs ins Lächerliche zu ziehen. Sonst nämlich bleibt es ungebrochen, sonst wird es beklemmend, sonst wird es Didi Hallervorden.

In der Scheinbar, das weiß man vorher schon, wird es anders sein. Da geht es zu wie bei einer überfüllten Party in einer Einzimmerwohnung. Und da steht er nun, der scheue Phil, Alteeer, und muß über seine Entertainerrolle selber ziemlich grinsen. Miles Davis, Wolfgang Niedecken und Ruth-Maria Kubitschek begannen irgendwann zu malen. Und Phil, bisher vor allem als Zeichner seltsam spröder Comics – Didi und Stulle, Stups und Krümel, Jim Space und Playmo – bekannt, wurde vor einiger Zeit von Freunden auf die Bühne gedrängt.

Er ist einer der ganz wenigen, die ihre kindlichen Nachmittage mit löffelweise Nutella, dem Playmobil-Piratenschiff und den Urzeitkrebsen von Yps kreativ aufgearbeitet haben. Und seit AC/DC in sein Leben und ein paar Typen von der Nachbarbande aus dem Märkischen Viertel in seinen Bauch traten, wollte er Metal-Star werden. Es war ein langer Weg bis in die Scheinbar.

Sich selbst kann er ebensowenig ernst nehmen wie Punkkindheit und frühes Leid, von denen er schwelgerisch erzählt. Er demonstriert, wie leicht deutscher Rap in die Hose gehen kann. Er spielt jene Szene nach, die ihm für die Verschwisterung von Pantomime und Peinlichkeit die Augen öffnete. Und er erzählt die Geschichte von Thomas und Udo, die von den Homegirls gemieden werden – „banal, aber das macht es auch so menschlich“. Phil („Techno is my life, Bon Jovi is my wife.“) mag keinen Techno, keine Protestsongs und keinen christlichen Heavy Metal. Und doch sind alle drei auch wieder ganz gut. Schon sein Gitarrenlehrer, der „unbequeme Mann“, der ihn früher mit mächtigen Koteletten und einfachen Akkorden für den Kampf gegen Bonzen und Politiker gewinnen wollte, biß sich die Zähne am undogmatischen Phil aus. „Ich kann noch Pittiplatsch nachmachen“, leitet Phil charmant unprofessionell seine Zugaben ein. Und bekennt: „Wenn Rock 'n' Roll eine Hautcreme wär / würde ich mich mit Rock 'n' Roll einreiben / weil manchmal tut Rock 'n' Roll ganz gut.“ Jörg Häntzschel

Der scheue Phil, bis 26. 11., jeweils von Do.–So. 20.30 Uhr, Scheinbar-Varieté, Monumentenstraße 9, Schöneberg

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