Starker Partner gesucht

■ Die SPD in Berlin. Niemand mag sie so richtig, aber alle wollen sie trotzdem

Berlin (afp/taz) – Nerven gelassen haben die Noch-Koalitionäre CDU und SPD bei ihrem ersten Gespräch über eine Neuauflage ihrer Regierung. Die Atmosphäre auf der gestrigen Sitzung sei zum Schneiden gewesen, sagten Teilnehmer der SPD. Immer wieder entzündete sich der Streit über die Frage, wie hoch das aktuelle Defizit des Berliner Haushaltes denn sei. Sind es 1,7 Milliarden oder 2,4 Milliarden Mark? Elmar Pieroth, CDU-Finanzsenator, scheint sich schwerzutun mit der Addition. Gestern jedenfalls legte er keine Zahlen vor. Die aber sind unabdingbar für die kommende Gesprächsrunde am 20. November, forderte die SPD. Sie verlangt die Haushaltszahlen für 1995, 1996 sowie eine mittelfristige Finanzplanung. SPD-Fraktionschef Klaus Böger warnte, daß seine Partei noch keine Grundlage für eine gemeinsame Politik mit der CDU in dieser Legislaturperiode sehe. Und er äußerte sich pessimistisch darüber, ob „das Spannungsverhältnis zwischen sozialer Gerechtigkeit und notwendiger Sparpolitik“ in einer Großen Koalition aufgelöst werden könne.

Eberhardt Diepgen, Regierender CDU-Bürgermeister bleibt kühl. In einem Interview mit dem Tagesspiegel meinte er gestern: „Wir haben uns bewußt, im Sinne des Einigungsprozesses, haushaltspolitischen Risiken ausgesetzt.“ Der Einigungsprozeß „begrenze die Konsolidierungsmöglichkeiten“ des Haushalts. Das tief klaffende Loch im Etat will er mit dem Verkauf „des Tafelsilbers“ stopfen. Diepgen hält den Verkauf weiterer Anteile der Bewag (Berliner Stromgesellschaft) „für möglich“. Die SPD schwieg bislang zu diesem Vorschlag. Vielleicht grübeln die Genossen über die Offerte der Grünen. Deren Delegiertenkonferenz hatte vorgestern angeboten, eine „gemeinsame Oppositionsstrategie“ zu erarbeiten. Sie wollen der SPD den Gang in die Opposition erleichtern. Gleichzeitig versprachen sie, gemeinsam einen rot- grünen Nachtragshaushalt auszuarbeiten. roga