■ Tennis
: ATP-WM: Sieben gegen Sampras

Frankfurt/Main (taz) – Ab heute bis zum Sonntag hauen sich die acht besten Tennisspieler der Welt im Kampf um die Kristallkrone der ATP-Weltmeisterschaft die gelben Filzbälle um die Ohren. Zum letzten Mal findet die Veranstaltung in der Festhalle zu Frankfurt am Main statt. Im kommenden Jahr wird der ATP-Zirkus nach Hannover umziehen, das sich im Zuge der Expo 2000 für einige Jahre mit der teuren Tennis-Gala schmückt. New York – Frankfurt/Main – Hannover, von der Weltmetropole über die Bankenmetropole (seit 1990) in die Provinz. Das ist der Niedergang für die Welt-Jahresabschlußveranstaltung der (noch) zweitbeliebtesten Sportart in Deutschland. Volkswagen statt Mercedes-Benz, Schröder statt Kopper, Korn statt Champagner.

Feiern wir in Frankfurt/Main also noch einmal mit metropolitärem Charme Boris Becker und seine Kollegen aus aller Welt: Pete Sampras, Michael Chang und Jim Courier aus den Vereinigten Staaten, Thomas Muster aus Österreich, Jewgeni Kafelnikow aus Rußland, Thomas Enqvist aus Schweden und Wayne Ferreira aus Südafrika. Nicht dabei ist die Nummer zwei der Weltrangliste – Andre Agassi. Der Mann, den die Frauen so lieben, wird von einer Brustmuskelzerrung geplagt. Also diesmal keine Vorfreude auf einen „Dogfight“ (Agassi) zwischen dem „Tenniskönig“ (David Letterman) aus Las Vegas und dem Boris aus Leimen. Daß der größte Klopper der Szene, Goran Ivanisevic aus Kroatien, nur Ersatzmann ist, wird dagegen kaum jemand in der seit Monaten ausverkauften Festhalle bedauern.

Einen Favoriten auf den Titel würde es in diesem Jahr nicht geben, sagt Boris Becker. Jeder könne jeden schlagen – und vielleicht schlägt sogar Boris Becker wieder alle – wie 1993 (Sieg im Finale gegen Courier). Eine Rechnung mit vielen Unbekannten. Ist Jim Courier, der Schildkappenträger aus den Sümpfen, wieder „so very, very tired“ wie vor zwei Jahren? Hat sich der kleine Fischfreund Michael Chang endlich freigeschwommen? Kämpft Topfavorit „Big Pete“ Sampras oder präsentiert er nur Gentleman-Tennis? Spielt Muster für Ivanisevic den Klopper? Und wie schlagen sich Kafelnikow, Enqvist und Ferreira bei ihrer ersten Weltmeisterschaft? Am Sonntag gegen 17 Uhr werden wir alles wissen. Bis dahin: „Fly, Baby!“ (Becker). Gemeint war der Filzball – keineswegs der kleine Noah.Klaus-Peter Klingelschmitt