■ Mit Schering-Gewinnen auf du und du
: Versautes Jubiläum

Berlin (taz/rtr) – Konzernchef Guiseppe Vita mußte gestern viel reden, um den Rückschritt bei der Schering AG zu erklären. Eigentlich sei der Umsatz der letzen neun Monate, in den jeweiligen Landeswährungen gerechnet, um sieben Prozent gestiegen. In Deutschen Mark ausgedrückt waren es jedoch mit 3,45 Milliarden Mark zwei Prozent weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres – vor allem, weil nach dem Dollar nun auch der Yen sinkt.

Der Gewinn fiel im Vergleich zu den Konkurrenten wie Hoechst richtiggehend in den Keller. Er sank im Jahresvergleich um 18 Prozent auf 172 Millionen Mark nach Steuern. Hier schlug vor allem das Kontrastmittel „Isovist 280“ zu Buche, eines der Mittel, die den Kontrast bei Röntgenaufnahmen verbessern. Weil jedoch PatientInnnen mit Hautrötungen allergisch reagierten, nahm Schering das Mittel vom Mark. 42 Millionen wurden in der Bilanz abgeschrieben, weil die zugehörigen Produktionsanlagen nun keine Mark einbringen.

„Normalerweise hätten wir an einen Bonus für die Aktionäre gedacht, um das 125. Jahr des Bestehens von Schering zu feiern“, sagte Finanzvorstand Klaus Pohle. „Davon kann jetzt keine Rede mehr sein.“ Ohne den Rückschlag mit Isovist wäre der Gewinn allerdings auf dem Niveau des Vorjahres geblieben.

Die Debatte um die zweifach höhere Thrombose-Gefahr durch neue Verhütungs-Pillen wie „Femovan“ von Schering und solche anderer Pharmaunternehmen wird laut Pohl keine Auswirkungen auf Umsatz und Gewinn des Konzerns haben. Diese Pillen werden nach einer Anordnung des Bundesinstituts für Arzneimittel ab dem 11. Dezember bis einstweilig zum 30. Juni 1996 für „Erstanwenderinnen unter 30 Jahren“ in Deutschland verboten.

Laut Pohl erwirtschaftet Femovan bei Schering weltweit einen Jahresumsatz von 210 Millionen Mark. Allerdings entfielen nur acht Millionen davon auf Frauen unter 30. Außerdem hat der Pharmakonzern Widerspruch gegen die Entscheidung des Bundesinstituts eingereicht. Nach Schätzungen von Schering haben bis zu sieben Prozent der Frauen nach den betreffenden Presseberichten die Pille abgesetzt. Verhütungsmittel und andere Hormonpräparate machen 30 Prozent des Konzernumsatzes aus. rem