: Liebermann macht Kasse
■ Die letzte große Schau vor der Sanierung der Bremer Kunsthalle ist dem Impressionisten gewidmet
Eine Retrospektive des Malers Max Liebermann soll die „letzte große Schau“ der Bremer Kunsthalle vor ihrer vorübergehenden Schließung werden. Bevor das Museum wegen der anstehenden Sanierung am 1. April 1996 für zwei Jahre schließt, werden nun noch einmal die Massen mobilisiert. Auf 50.000 bis 60.000 Besucher hofft Reinhold Ostendorf vom Veranstalter KPS. Wie schon bei der erfolgreichen Toulouse-Lautrec-Ausstellung vor einem Jahr finanziert KPS die Kunstschau zu großen Teilen und besorgt auch die Werbung. Am 16. Dezember wird die Liebermann-Ausstellung eröffnet.
Die Bremer Schau ist vor allem dem Impressionisten Liebermann gewidmet, wie die Kustodin Dorothee Hansen gestern bei einer ersten Pressekonferenz erläuterte. Bisherige Rückschauen auf den Jahrundertwende-Künstler hätten vor allem die realistischen Arbeiterbilder in den Mittelpunkt gestellt. Diese Betonung des „sozialkritischen Engagements“ habe sich aber durch neuere kunstgeschichtliche Ansätze relativiert. So versprechen die Schau und der Katalog ein neues Liebermann-Bild – das eines lichtbegeisterten Impressionisten, der im Vergleich mit den französischen Malern der Zeit aber eine eigene, sehr markante Variante des Impressionismus entwickelt. Keine reine plein-air-Malerei also, sondern eine Malerei, die sich stark an Skizzen und Studien orientiert – auch dies soll in der Schau dargestellt werden.
So hat das Kunsthallen-Team neben 71 Gemälden auch 27 Pastelle sowie zahlreiche Zeichnungen zusammengetragen. Zu den Leihgebern gehören u.a. die Tate-Gallery, die Berliner Nationalgalerie und das Kunsthaus Zürich sowie zahlreiche private Leihgeber. Mit elf Gemälden trägt die Bremer Kunsthalle einen nicht geringen Teil selbst zur Ausstellung bei. Sechs davon erwarb bereits anfangs des Jahrhunderts der damalige Direktor Gustav Pauli. Der damit eine „lange Tradition“, wie es gestern hieß, begründete. Die Bremer Verbundenheit mit dem Maler Liebermann dokumentiert sichz u.a. in einem jahrlangen Briefwechsel zwischen Pauli und dem Künstler. Im Katalog wird er erstmals in einer „kritischen Edition“ öffentlich gemacht.
So versucht Direktor Wulf Herzogenrath seine neue Linie fortzusetzen: Große, zugkräftige Ausstellungen auch mit einem Bremenbezug zu verknüpfen und dabei auch mit den Schätze der Kunsthalle zu werben. Über das eigentliche Werbekonzept ließ KPS gestern allerdings noch nichts verlauten. Neben „City-Postern“ und Werbeschildern an den Autobahnen ist wieder Werbung in überregionalen Zeitschriften geplant mit drei Motiven aus der Ausstellung. Auch zur Finanzierung kein konkretes Wort: „Ab einem bestimmten Punkt“ (Ostendorf) würden die Einnahmen wieder zwischen Kunsthalle und KPS aufgeteilt, und „bei 60.000 Besuchern wären wir ganz zufrieden“. tw
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen