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Söldner wegen Kameradenmords vor Gericht

■ Vor dem Memminger Landgericht sind zwei Deutsche angeklagt, die sich in Ex-Jugoslawien als Söldner verdingten. Mord aus Habgier wird ihnen vorgeworfen

Memmingen (taz) – Unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen wurde gestern vor dem Landgericht Memmingen der Prozeß gegen zwei deutsche Söldner eröffnet, die in Bosnien zwei Kameraden brutal niedergeschossen und anschließend die Leichen verbrannt haben sollen. Plumpe Habgier sieht die Staatsanwaltschaft als Motiv.

Der 41jährige Ralf Rüdiger M. und sein 31jähriger Kollege Falk S. beteiligten sich ab 1991 beziehungsweise 1993 auf kroatischer Seite am Bürgerkrieg in Bosnien. Sie waren in der paramilitärischen Söldnertruppe des selbsternannten Generals Tuta gegen die muslimische Bevölkerung eingesetzt. Als sich im August 1993 ein weiterer Deutscher dieser Söldnertruppe anschließen wollte, sollen nach Angaben der Staatsanwaltschaft die beiden Beschuldigten sowie zwei österreichische Kollegen beschlossen haben, den „Neuen“ zu töten. Dadurch wollten sie in den Besitz von dessen Pkw und seiner Barschaften kommen. Sie lockten den Kameraden an eine einsame Stelle bei Mostar und ermordeten ihn durch zahlreiche Schüsse aus einer Pistole.

Der Angeklagte Falk S. hatte zunächst diesen und einen weiteren Mord gestanden, später aber dieses Geständnis widerrufen.

Nach der Tat wurde die Leiche mit Benzin übergossen und angezündet. Ähnlich brutal sollen beide Angeklagten auch einen weiteren Bewerber der Söldnertruppe, genannt Heinz, ermordet haben.

Aus nur einem Meter Entfernung wurde Heinz mit einer Salve aus einer Kalaschnikow getötet. Vor Gericht sagte der Angeklagte M. aus, General Tuta habe ihn aufgefordert, Heinz zu töten, weil zu befürchten sei, daß dieser zu den Muslimen überlaufe, nachdem Tuta ihn nicht in seiner Truppe hatte haben wollen.

Der Antrag der Verteidiger, das Verfahren an den Internationalen Gerichtshof nach Den Haag zu überstellen, wurde vom Landgericht Memmingen verworfen, weil dieser nicht für die Kameradenmorde zuständig sei und eine Überstellung auch erst auf ausdrückliches Ersuchen erfolgen könne. Die rund 80 Mitglieder der paramilitärischen Söldnertruppe rekrutierten sich nach Erkenntnissen der Ermittler aus der Neonazi- Szene, Mitgliedern der früheren Nationalen Volksarmee und der Fremdenlegion.

Der Vorsitzende Richter Manfred Worm verlas kurz nach Prozeßbeginn ein Protokoll, das ihm aus der Justizvollzugsanstalt übermittelt worden war. Demzufolge hatte sich ein Mithäftling von Falk S. einem Beamten offenbart und ihm mitgeteilt, dieser habe einen Ausbruchversuch bis ins Detail geplant. Außerdem habe er angekündigt, wenn er „lebenslänglich“ bekomme, dann komme es ihm auf ein Opfer mehr auch nicht mehr an. Klaus Wittmann

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