■ Linsen Soufflé
: NC-17 – Nackte Hupfdohlen greifen an

Ein Skandal war angekündigt worden. Nachdem es schon um „Basic Instinct“ und Sharon Stones fehlende Unterhose soviel kostenlose Werbung gegeben hatte (die Geschichte war nebensächlich, alle wollten der Stone zwischen die Beine gucken), plante das Erfolgsduo Joe Eszterhas (Drehbuch) und Paul Verhoeven (Regie) weitere Bilder aus der Region südlich des Bauchnabels.

Amerikaner sind neugierig. So schien das Konzept zunächst aufzugehen. Eszterhas schrieb ein flottes Drehbuch über eine Tänzerin in Las Vegas, die gezwungen ist, alles zu zeigen. „Showgirls“ sollte der Erotikstreifen heißen. Verleih und Regisseur drohen mit massenhaft expliziten Nacktszenen und akzeptierten stolz das Rating NC-17. Diese Altersfreigabe, die Jugendlichen unter siebzehn Jahren den Kinobesuch verwehrt, ist eigentlich Pornofilmen vorbehalten. Der einzige Nichtporno, der dieses Rating vorher bekommen hatte, ist „Henry and June“ von 1990. NC-17 ist eine heikle Angelegenheit, denn es nimmt dem Film automatisch 25 Prozent des Besucherpotentials. Auch muß damit gerechnet werden, daß Kinobetreiber den Film nicht wollen, denn viele US-Kinos befinden sich in Shopping-Centern, deren Mietverträge den Kinobetreibern die Aufführung nicht jugendfreier Filme verbieten.

Das alles schreckte die Macher von „Showgirls“ jedoch nicht; im Gegenteil, sie planten, NC-17 als Lockmittel einzusetzen. Große Namen bekamen sie nicht vor die Kamera, aber auch das störte sie nicht, TV-Sternchen Elizabeth Berkley bekam die Hauptrolle – und stürzte fürchterlich ab. „Showgirls“ war ein Schuß in den Ofen. Zuerst wurde er von der Kritik niedergeknüppelt. Fast einstimmig wurden die schauspielerischen Leistungen, die Musik und die Choreographie bemängelt. Am schlimmsten fanden die Profigucker aber, daß der Film nicht genug Sex zeige. Die New York Times bezeichnete ihn als „langweiligen Nackedei-Film“. Tatsächlich enthält das Lichtspiel nur ein paar kurze Nacktaufnahmen unterhalb der Gürtellinie, es wären nur geringfügige Änderungen notwendig gewesen, um ein R-Rating zu bekommen, mit dem Kinder in Begleitung Erwachsener den Film hätten sehen können. Angst vor einem verkaufsfördernden Skandal hatte keiner mehr. „Showgirls“ konnte mit knapp 1.400 Kopien gestartet werden, alle wichtigen US-Fernsehsender außer NBC zeigten Reklamespots für den Film, und die meisten US-Zeitungen druckten die Anzeigen ab. Trotzdem strömten die Massen am Startwochenende ins Kino. Doch schon am zweiten Wochenende fiel die Besucherzahl um 60 Prozent, vier Wochen später landete „Showgirls“ (Start bei uns am 25. Januar) auf dem 46. Platz der US- Charts. Die nackte Hupfdohle entpuppte sich also als tote Hose.

Aber Hollywood hat noch ein paar Braten Marke Erotikthriller in der Röhre. Schon am 19. November läuft in Deutschland „Jade“ an. Das Drehbuch schrieb ebenfalls der Wiederholungstäter Joe Eszterhas, Regie führte William Friedkin (Der Exorzist“). In dem Film spielt Linda Fiorentino eine eiskalte Nymphomanin und David Caruso einen Staatsanwalt, der sie zur Strecke bringen soll.

Das US-Publikum gähnte, auch „Jade“ fiel durch. Jetzt wartet eigentlich niemand mehr auf die Verfilmung von Carl Hiaasens Krimi „Strip Tease“ (heißt bei uns „Nachtclub“), ist die Geschichte doch der von „Showgirls“ nicht unähnlich. Karl Wegmann