„Eine gewisse Erleichterung macht sich breit“

■ Die bündnisgrüne Sprecherin Krista Sager sieht wieder einen rot-grünen Stern am Horizont. Bis dahin hofft sie auf einen interessanteren Wettbewerb in der Opposition

taz: Frau Sager, vor zwei Monaten äußerten Sie angesichts der Misere der SPD große Sorge, daß der rot-grüne Bündnispartner abhanden kommen könnte. Sind Sie nun erleichtert?

Krista Sager: Zumindest sehen wir die Chance, daß die SPD ihr dramatisches Formtief überwindet und wieder zu einer Opposition gegen die Kohl-Regierung zurückfindet. Insofern hat sich jetzt bei uns eine gewisse Erleichterung breit gemacht.

Bei Scharping sind die Grünen auf Abstand zu Rot-Grün gegangen, um nicht mit in den Abstiegsstrudel zu geraten. Gibt es denn jetzt mit Lafontaine wieder ein gemeinsames rot-grünes Projekt?

Es gibt zumindest die Hoffnung, daß jetzt von seiten der SPD der Machtwechsel gewollt ist und man sich nicht einfach mit der Perspektive tröstet, Vizekanzler unter Kohl zu werden. Spannend werden die Fragen, ob Lafontaine die SPD zu klaren Richtungsentscheidungen führen kann, wer Kanzlerkandidat wird, und ob es die SPD schafft, die Akzeptanz der Mitte der Wählerschaft zu gewinnen.

Welche klaren Richtungsentscheidungen erwarten Sie?

Lafontaine hat ja bereits eine Richtungsentscheidung in Sachen Atomkraft angedeutet. Er hat sich eindeutig gegen Schröders Position einer neuen Reaktorgeneration ausgesprochen. In der Außenpolitik ist die Situation bei der SPD nach wie vor verschwommen. Die Fokussierung auf den Nicht-Einsatz von Tornados in Bosnien macht ja nicht den außenpolitischen Kurs deutlich...

...aber sie setzt Signale.

Ja, aber auch Fischer und ich haben immer gesagt, daß es gute Gründe gibt, beim Einsatz in Exjugoslawien gegen deutsche Tornados zu sein. Es geht darum, in einem außenpolitischen Gesamtkonzept Wege zu finden, wie das, was in Sebrenica passiert ist, künftig verhindert werden kann.

Lafontaines Position ist ein Signal an die pazifistische Linke, daß sie ihre Heimat auch bei der SPD hat und nicht nur bei den Grünen.

Das ist sicher so gemeint gewesen. Andererseits ist Lafontaine im Gegensatz zu uns ein leidenschaftlicher Vorkämpfer einer Osterweiterung der Nato. Sein außenpolitisches Denken ist in den Zeiten vor 1989 verhaftet.

Sind die Zeiten, wo sich die Grünen auf Kosten einer maroden SPD profilieren konnten, vorbei?

Der Wettbewerb in der Opposition wird mit Sicherheit interessanter. Das ist nicht nur schlecht. Denn wenn eine Partei, die über 7 Prozent hat, im wesentlichen die Opposition bildet, dann ist das schon aus Gründen der Demokratie nicht gut.

Mit Lafontaine macht die SPD einen Schwenk nach links. Wie soll nun die Mitte abgedeckt werden, die Achillesferse eines rot-grünen Projekts?

Diese Frage muß von der SPD beantwortet werden, das können wir nicht formulieren.

Beinhaltet die Antwort, daß es neben Lafontaine einen Kanzlerkandidaten gibt?

Darüber will ich nicht spekulieren, weil ich mich nicht in die Personaldebatte einer anderen Partei einmischen will. Klar ist allerdings, daß die Frage des Kanzlerkandidaten nicht entschieden ist.

Ist Ihre Hoffnung auf einen Wechsel 1998 gewachsen?

Allein daß die SPD sich nach vorne bewegen will, ist Grund zu leichter Hoffnung. Interview: Dieter Rulff