Für Erdkreis ohne Trümmer

■ Kriegerkult bei der Johanniskirche wird angetastet Von Julia Kossmann

Im Schatten der Altonaer St. Johanniskirche steht ein martialischer Halbnackter und hält sein Schwert umklammert. Er prangt vor einer dreieckigen Klinkersäule, die Bürgermeister Max Brauer am 4. Oktober 1925 als Denkmal für die Weltkrieg-I-Frontkämpfer des 31er Regiments feierlich einweihte. Im März 1994 beschloß jedoch der Kirchenvorstand, dieses Dokument des Kriegerkultes nicht länger unangestastet zu lassen. Diskutiert hat die Gemeinde seitdem darüber schon öfter, an diesem Wochenende ist wieder ausführlich Gelegenheit dazu.

Eine Ausstellung in der Kirche wird die Gegenentwürfe zum Kriegerdenkmal von KunststudentInnen zeigen, die sich gemeinsam mit Klaus Waschk und Erhard Göttlicher von der Fachhochschule Hamburg mit dem Thema auseinandergesetzt haben. Probeweise steht seit Juni ein Entwurf vor der Klinkersäule. „Darauf gab es bisher wenig Resonanz“, erzählt Pastor Ulrich Hentschel. Einmal sei das dreiteilige Plexiglasobjekt besprüht worden und ein anderes Mal war es von einem Stein getroffen worden – Aktionen, die kaum als Diskussionsbeiträge zu zählen waren.

Pastor Hentschel nimmt am Sonntag in seiner Predigt im Gottesdienst zum Thema „...daß sie nicht wiederkommen und die Welt erobern und den Erdkreis voll Trümmer machen“ Stellung. Am Abend ist die Gemeinde eingeladen, bei der Diskussion „Wie soll die Umgestaltung aussehen?“ mitzureden. Dem Pastor geht es darum, Meinungsbildung behutsam und nicht mit der Brechstange zu betreiben. Tatsächlich gab es nämlich nach der Veröffentlichung des Kirchenvorstandsbeschlusses 1994 außer Zustimmung auch wutschnaubende Briefe von ehemaligen Frontsoldaten, die durch einen künstlerischen Kommentar des Denkmals aus heutiger Sicht ihr Andenken verunglimpft finden.

Doch daß das Gegendenkmal entstehen wird, ist klar. 30.000 Mark sind bereits von der Kirche für die Errichtung bewilligt. Nun geht–s noch um das „wie“. „Dem Scheitern von Hrdlickas Gegendenkmal am Dammtor zum Trotz, wollen wir es hier mit einer Stellungnahme gegen den Kriegskult versuchen – natürlich für weniger Geld“, ist Pastor Hentschel zuversichtlich. Eine kunst- und kirchenkundige Jury soll bis Anfang 1996 einen Entwurf auswählen.

Ausstellung: Sa., 16 – 18 Uhr, So., 16 – 19.30 Uhr; So., 10 Uhr Gottesdienst; So., 19.30 Diskussion