Jugendstil-Ambiente oder Bauernkate – Erlebnisgastronomie in Hamburgs Kulturtempeln: Ein kulinarischer Streifzug von Hajo Schiff

Ein Tafelbild ist eigentlich nicht das Bild, unter dem man tafelt, aber neben den visuellen und intellektuellen Genüssen von Goldschatz, Maske und Schiffsmodell bieten Hamburgs Museen nicht nur Kost für die Augen: Fast alle Häuser haben ein Restaurant.

Im großbürgerlichen Ambiente des Prunktreppenhauses oder zwischen Jugendstilmöbeln Rast machen auf der langen Wanderung durch die Schätze des Museums für Kunst und Gewerbe: Die dortige „Destille“ war Vorreiter einer Erlebnisgastronomie in Hamburgs Kulturtempeln. Vom zweistöckigen Büffet stellt sich jeder selbst seine Auswahl an Salaten, Gemüsen, Fleisch und Käse zusammen und läßt den Teller an der Kasse preislich einschätzen (1 bis 15 Mark). Weniger üppig, aber im Prinzip ähnlich funktioniert die Nahrungsaufnahme der Kunstverbraucher im „Café Liebermann“. Die Kunsthalle bietet dafür das Marmorambiente zwischen antiken Säulen und Wiener Kaffeehausmobiliar in Nachbarschaft klassizistischer Figuren unter einer umlaufenden Kopie des Parthenon-Frieses.

In beiden Häusern um den Hauptbahnhof liegt der Hauptschwerpunkt auf sauer Eingelegtem. Damit wurden einst bahnbrechend die lieblosen Käsebrote und trockenen Kuchen der alten Museumscafeterias abgelöst, dennoch kann dies nicht für alle Ewigkeit das A und O der Küche sein. Eine größere Bereitschaft zu neuen Überraschungen wäre durchaus zu wünschen. Immerhin bietet die Destille zur Abwechslung auch täglich einen anderen Eintopf. Dagegen hat das Café Liebermann das Handicap, nicht einmal über eine eigene Küche zu verfügen, alles muß von außen in die Kunsthalle gebracht werden. Da ist es folgerichtig, daß die Pächter immer wieder Wünsche äußern, die Restauration zur Straße zu öffnen, den Zugang auch ohne Eintritt zu ermöglichen und mehr Veranstaltungen nach Museumsschluß durchführen zu können.

Doch wo dies realisiert ist, wie beim „CaféFees“ im Museum für Hamburgische Geschichte oder dem „Jena Paradies“ im Kunstverein, sind die Lokalitäten von den Häusern weitgehend abgekoppelte Szene-Treffs geworden. Sie bessern zwar die Kasse der Institutionen auf, verspielen aber die Möglichkeit, die speziellen Themen des jeweiligen Hauses für die Gastronomie zu nutzen. Einen etwas anderen Weg will da das Völkerkundemuseum gehen. Schon jetzt verdient es mit der syrischen Küche Salibas den Preis für das schmackhafteste Essen (Arabischer Vorspeisenteller 15 Mark, orientalische Küchelchen ab zwei Mark), auch wenn der Gesamteindruck des Ortes ziemlich improvisiert wirkt. Geplant ist deshalb nächstes Jahr eine Verlegung aus der Treppenhauskuppel ins Erdgeschoss samt Zugang zum Innenhof. Dabei soll nicht noch eine Szene-Kneipe entstehen, sondern eine Restauration, die sich als schmackhafter Zweig des Hauses präsentiert und gemäß dem kulturkundlichen Museumsprofil Speisen zu den aktuellen Ausstellungsthemen anbietet.

Ganz selbstverständlich ist dies in Altona. Allerdings braucht da der Schwerpunkt auch nicht zu wechseln: treu der Bezeichnung Norddeutsches Landesmuseum ist dort die Küche niederdeutsch deftig. Im geräumigen Flett der im Museum wiederaufgebauten Vierländer Großkate von 1745 stehen Labskaus oder Grüner Hering mit Bratkartoffeln (13.50 Mark), Bauernfrühstück oder Kartoffelpuffer (6,80 Mark) auf der Karte. Gegessen wird im museal interessant hergerichteten Ambiente an langen Tischen mit karierten Decken, Bestellungen „op Platt“ sind aber kein Zwang.

Ein Hamburger Problem, auch in der Museumsgastronomie, sind die Weinpreise. Keinem Gast mit Geburtsschein südlich der Mainlinie dürfte es einleuchten, daß das billigste Glas einfachen Weins („0,2 weiß/rot“) in der Kunsthalle 7 Mark 50 kostet und im Völkerkundemuseum gar 8 Mark, genau doppelt so viel wie Bier. Verbesserungswür-dig ist auch die Verpflegungssituation in den Außenbetrieben des Altonaer Museums und des Museums für Hamburgische Geschichte: Da hat das Bergedorfer Schloß zwar ein historisches Café, in dem aber nur gelegentlich Betrieb ist, und das Rieckhaus in Curslack ist zwar ein vollständiges historisches Gehöft in Hamburgs idyllischem Gemüsegarten, bietet aber dem Wanderer nicht die allerkleinste Erfrischung.

Und wie überlistet man die mitunter recht hohen Eintrittspreise für ein kurzes Mittagsmahl, wenn man nicht als Mitglied der Freundeskreise der einzelnen Museen freien Eintritt hat? Empfohlen sei die relativ unbekannte Museumsjahreskarte (50 Mark für ein Haus oder 100 Mark für alle staatlichen Hamburger Museen zusammen). Übrigens: Saliba im Museum für Völkerkunde gibt bei Kauf einer Dauerkarte ein erstes Menü gratis aus.