Fangen andere die Fische schneller?

■ 1993 begann die Mediale mit 200.000 Besuchern nicht gerade klein. Und was jetzt? Thomas Wegner gibt Auskunft, ob es mit dem Festival neuer Medienkunst weitergeht

Mediale? Das war die Anfang 1993 mit großem Aufwand abgefeierte Megaveranstaltung mit Ausstellungen und einer Messe, mit Symposien und Theater, Klanginstallationen und Film, Robotern und Video. Einige mögen erinnern: Sie war als Start einer regelmäßigen Reihe geplant.

„Da wird gefragt, was denn mit diesem Medienfestival von damals sei, dabei ist das doch erst zweieinhalb Jahre her“, wundert sich Thomas Wegner, Initiator der ersten Mediale, über die Schnelligkeit, mit der vergessen und eingefordert wird. „Aber in sehr kurzfristigen Abständen muß das Festival ja nicht stattfinden, weil in dieser speziellen Kunstrichtung nun ja auch nicht soo viel passiert. Für einen vier- oder fünfjährigen Rhythmus wären wir doch noch in der Zeit“, meint der Mediengalerist in einem Gespräch Anfang der Woche im Büro des Weißen Hauses.

Thomas Wegner hält den Zeitpunkt für eine breitere Diskussion über die Mediale eigentlich für noch nicht gekommen. Denn was mit 200.000 Besuchern nicht ganz klein begann, ist angesichts von Sparhaushalten weder im Biennale- noch im dokumenta-Abstand zu finanzieren. „Geld von der Wirtschaft zu bekommen wird auch nicht gerade einfacher“, schätzt selbst Wegner die Situation wenig rosig ein. Dazu kommt die schwierige Frage nach dem genauen Profil, das ein „Festival für Medienkunst und Medienzukunft“ – so hatte sich die Mediale definiert – in Abgrenzung etwa zur „Multimediale“ in Karlsruhe oder zu Aktivitäten in Paris und Japan haben sollte. Mögliche Konzepte sind zwar weiterhin auf verschiedenen Ebenen im Gespräch, aber vor Ende des Jahrtausends ist nicht mit einem Ergebnis zu rechnen.

Denkbar wäre ein Rückblick auf das „Jahrhundert der Medien“ im Jahr 1999. „Man kann sogar von einem Jahrtausend der Medien sprechen, wenn man mit den Bilderzählungen der Glasmalerei beginnt und über Gutenberg zur Elektronik kommt“, umreißt Wegner einen weiten Rahmen für sein Lieblingsthema. Andere Überlegungen gehen in Richtung zur Bündelung medialer Aktivitäten parallel zur Weltausstellung 2000 in Hannover.

Trotz mancher berechtigter Kritik an Konzept und Praxis der Mediale von 1993 ist die bestehende Unentschiedenheit allerdings schade, schließlich will Hamburg sich als Medienstadt und Tor zur Welt verkaufen. „Wir müssen die Stadt reif für die Zukunft machen“, sagt Thomas Wegner, „und da muß man lieber klotzen statt kleckern“. Vielleicht müßten erst einmal viele vorhandene Einzelinitiativen besser koordiniert werden. Aus Anlaß von Interface, eines Medien-Symposiums, das kürzlich in Hamburg stattfand, gab es Performances und Ausstellungen; doch schon wenige Wochen später hat die Universität ihr eigenes zweitägiges Medienfo-rum veranstaltet. Es scheint so, als fehle es weniger an staatlicher Anschubfinanzierung als an Kooperation und am viel gescholtenen Marketing in diesem ja sonst durchaus werbefrohen Sektor.

Ohne bloß einer sinnlosen Beschleunigung das Wort zu reden: Es besteht im Thema der „neuen Medien“ die Gefahr, daß wieder andere schneller die Fische fangen. Elbe- und Fernsehwellen werden noch lange rauschen, bevor Wirtschaftsbehörde und Museumsleiter, Industrie und Kunst wieder an einem Strang ziehen.

Hajo Schiff