Geiler Himmelsritt in den Rockies

■ Was Snowboard für Jugendliche, ist Heliskiing für Besserverdienende – total abgefahren. Ein Erlebnisbericht

Die Grenzen zwischen Himmel und Erde verschwimmen, wenn der Schnee zur sanften Wolke wird – irdische Schwerelosigkeit. Das Gefühl vom Gleiten auf einem oder zwei Brettern kennt Münchhausen von seinem Ritt auf der Kanonenkugel. Yaaaa-Huh! Der Skifahrer liebt das Flap-Flap des Hubschraubers. Er fühlt sich als Pionier in längst erschlossener Landschaft. Die Natur ist nur noch atemberaubende Kulisse. Das glitzernde Weiß an den Hängen ist der Stoff, der im Körper Spaß produziert – und der süchtig macht. Der Himmelsritt hat einen Namen: Heliskiing in Kanada.

Mit täglichen Faxen in alle Hotels locken die Heliski-Anbieter die Schnee-Junkies: „Excellent snow conditions!!! 220 cm/20 cm in the last 24 hours. Fun. Fun. Fun.“ Die Anmeldung wird zur reinen Formsache. Die Abbuchung von der Kreditkarte gleicht dem Lösen einer Eintrittskarte für die Achterbahn. Der Dollar ist schwach – die Mark ist stark.

Früh um sieben Uhr startet die Expedition ins Himmelreich. Mit einem Bus geht es von Banff, dem Austragungsort der alpinen Wettkämpfe der Olympischen Winterspiele 1988 in Calgary, in das Panorama-Gebiet. Man spricht Deutsch – auch hier. An der Basisstation, dem Heliplex, bekommen die Schneesüchtigen noch eine Einweisung in die Technik der Lawinensuchgeräte. Dann verliert die Gruppe den Boden unter den Füßen. Der Helikopter hebt ab.

Der Pilot – flotter Ray-Ban- Sonnenbrillen-Typ – sucht sich einen Landeplatz unter der Wolkendecke. So nah wie möglich am Pulverschnee. So weit weg wie nötig vom Lawinenhang.

Nicht immer geht es über die Baumgrenze in die unberührte Schneewüste. Manchmal hängen die Wolken zu tief. Der Guide läßt seine Gruppe aussetzen. Jetzt wird es ernst. Ein letztes Mal atmest du tief durch. Der Kick kommt immer näher, jeder Muskel deines Körpers ist bis aufs äußerste gespannt. Dann hebst du ab ... und fliegst, vergißt alles um dich herum. Der Landeplatz liegt oberhalb eines Hanges mit Fichten, die wie Slalomstangen in der Landschaft stehen. Na gut. Ich fahre heute Slalom durch den kanadischen Forst. Ökologisch eine Katastrophe? Der Schnee, der einem wie Brandung ins Gesicht schlägt, wischt jeden Zweifel weg.

Nach einem Sturz in den Tiefschnee fühle ich mich wie im Schleuderprogramm meiner Waschmaschine. Das Herauskämpfen aus dem kristallinen Treibsand ist Schwerstarbeit. Weiter geht's! Dann eine Lichtung. Das Schweben beginnt. Der Rausch. Wie immer zu kurz.

Das Stiefeln mit den schweren Ski-Boots durch den Tiefschnee zum Helikopter ist dagegen kein Vergnügen. Noch zweimal geht es nach oben, bevor der niedrige Flug durch die Schluchten der Rocky Mountains zum absoluten Erlebnis wird.

Wieder am Helipex angekommen, bleibt das Gefühl von „Wenn alles getan ist“. Und wenn nach dem Rausch die Nüchternheit kommt, gibt es für jeden Heliski- Touristen eine Teilnahmeurkunde. Ich war dabei. I skied the real Rockies. Redet jemand vom Baumsterben? Von Ökobilanz? Hier jedenfalls nicht. Jan Flaskamp