■ VLB
: Jüngstes Gericht

Eckhard Henscheid kommt, um ein Ergebnis vorwegzunehmen, zu einem recht differenzierten Urteil, welche Köter bzw. Hundeartige (Canidae) und warum das Himmelreich erlangen können. Anders als bei den Katzen, die schon aus Wiedergutmachungsgründen wegen jahrhundertelanger Verfolgung als Hexen Anspruch auf gattungsmäßige Vollredemption erheben können, ist es „mit den Hunden“, wie Henscheid ausführt, „zumal diesen großen, schon ein Sonderproblem, auch dergestalt, ob man nur die leisen und kaum bellenden und kläffenden der Redemption i. e. Aszension (Levitation) und Assumption bzw. Ressurektion teilhaftig werden läßt oder auch die lauten und nämlich deshalb u. U. besonders wachsamen“.

Man wird sich, darin ist Henscheid uneingeschränkt zuzustimmen, auf eine Einzelfallprüfung einlassen müssen. Abzulehnen ist dabei m. E. auch jede Form von Kollektivschuldgedanken wegen der kompromittierenden Verstrickung einzelner Rassen (Deutscher Schäferhund) in die politischen Geschicke dieses Jahrhunderts, i. e. des „Weltbürgerkriegs“ (E. Nolte). Ich kannte etwa einen Deutschen Schäferhund, der zu seinem eigenen Verdruß auch noch auf den unguten Namen Hasso getauft worden war und dennoch nichts lieber tat, als in geradezu welscher Manier die verhängnisvollen deutschen Sekundärtugenden, als da sind Fleiß, Gehorsam, Pünktlichkeit u. dergl., aufs charmanteste zu verhöhnen und herabzusetzen. (Er, Hasso, ein Stöckchen apportieren? Er, Hasso, seinen Napf ausschlecken? Er, Hasso, „bei Fuß“ gehen? I wo! Lächerlich!) Und allein dieser Form gelebter Ideologiekritik wegen wird man ihn dermaleinst wohl kaum abweisen können. Eckhard Henscheids Buch kann als eine Schule der Differenzierung sowohl den Gegnern als auch den Befürwortern der These von der Paradiesfähigkeit der tierischen Kreatur wärmstens empfohlen werden. Das Buch ist mit seiner subtilen Kasuistik, die etwa dem Nacktwombat die ewige Seligkeit mit guten Argumenten verwehrt, seinem Vetter, dem niedlich behaarten Haarnasenwombat aber – mindestens – ausgezeichnete Chancen einräumt, eine wahre Schule der Differenzierung, einer Fähigkeit mithin, die zumal in Zeiten postmoderner Beliebigkeit zunehmend ins Hintertreffen gerät und ergo geübt werden muß, damit wir nicht alle der Marcusischen Eindimensionalität und am Ende -fältigkeit anheimfallen. Ob allerdings der Nacktmull tatsächlich schon bloß seiner Nacktheit wegen so eindeutig des Teufels ist, wage ich zu bezweifeln.

Aber der Dissens im einzelnen spricht keineswegs gegen das Unternehmen im Ganzen. Eckhard Henscheid stellt mehr Fragen, als er Antworten zu geben vermag. Immerhin, ein Anfang ist gemacht. Über zahlreiche Casi wird noch zu verhandeln sein, so etwa über Hassos Nachfolger Jeff, auch er von Hause aus Deutscher Schäferhund, ein Exemplar dieser Rasse allerdings, das seiner verschlagen- servilen Natur wegen ruhig in der Hölle braten soll, wenn's nach mir ginge. Aber das steht auf einem anderen Blatt.

Eckhard Henscheid: „Welche Tiere und warum das Himmelreich erlangen können. Neue theologische Studien“. Verlag Philipp Reclam jun., 181 S., geb., 34,80 DM