■ Mit der Alpenkonvention auf du und du
: Kleinster Nenner

München (taz) – Die Alpen und das Weltklima haben eine Gemeinsamkeit: Beide sind von der Lebensweise der Industriestaaten bedroht, und beide sollen durch internationale Verträge geschützt werden. Und genau wie bei der Klimakonvention zeigt sich bei der Alpenkonvention, daß die Probleme immer dann beginnen, wenn der schön klingende Text eines internationalen Übereinkommens durch ernstzunehmende Protokolle ergänzt werden soll.

So streiten die acht beteiligten Staaten seit dem Unterzeichnungsjahr 1991 vor allem über die Bereiche Verkehr und Tourismus. Der kleinste gemeinsame Nenner ist dann regelmäßig ein Text, der keinem Staat weh tut. Das Verkehrsprotokoll, das noch nicht mal von allen acht Regierungen unterzeichnet ist, fordert etwa in kaum zu überbietender Unschärfe: „Der Straßenbau ist auf die unbedingt nötigen Vorhaben und Verbindungen zu beschränken.“ Jede Nachdenklichkeit über den enorm wachsenden Güterverkehr fehlt.

Ähnlich sanft gingen die Alpen-Bürokraten mit dem Thema Tourismus um. „In den Alpen findet ungefähr ein Viertel des Welttourismus statt“, sagt Klaus Gerosa, Vorsitzender der Schutzgemeinschaft Alpen. „Hier wurde ein Protokoll verfaßt, in dem sich jeder Lobbyist wiederfinden kann.“

Die Umweltgruppen stehen angesichts der geringen Erfolge vor der Frage: Weitermachen oder aufgeben? Trotzdem hat Gerosa mit einigen Bürgerinitiativen die „Europäische Alpenkonferenz“ organisiert, die heute in München stattfindet. „Es bleibt uns ja keine Alternative als die Hoffnung, daß wir ein moralisches Korrektiv bilden und uns allmählich durchsetzen.“ Felix Berth