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: Stillvergnügt

„Wat is!?“, Freitag, 23 Uhr, West 3

Freitag ist Quatschtag. Freudlos eröffnen Juliane Bartel und Giovanni di Lorenzo auf N 3 und im ORB das Verhör. Hessen 3 annonciert „3 Zimmer, Küche, Holger“; die Bayern laden lieber in den „nachtClub“. Beim MDR sitzen die auszuhorchenden Gäste im „Rampenlicht“, derweil Klassenstreber Dr. Roger Willemsen im ZDF seine Vorlesung abhält, die nur gelegentlich durch einen Einwurf des pro forma zugelassenen Gastes aufgelockert wird.

Der WDR hält die Gattung gleich doppelt vor. Zunächst bedient Bettina Böttinger das halb- bis dreiviertelintellektuelle Publikum; dann übernimmt Jürgen von der Lippe und plauscht noch dreißig Minuten zu Nießnutz und Frommen von uns Normalbetrachtern. Dies nun geht unerwartet lässig vonstatten. Nacheinander werden vdL zwei etwas wunderliche Zeitgenossen zugeführt, über deren Eigenart der Gastgeber erst im Studio und zwar von Kameramann Günni informiert wird. „Was bringen wir als erstes?“ erkundigt sich der Conférencier hemdsärmelig, und Günni retourniert spröde: „Pffft ... 'n Müllsammler.“ vdL: „Wie – 'n Müllsammler?“

An diesem Abend bekommt er es zu tun mit einem sehr sendungsbewußten „Umweltjogger“ und einer Künstlerin, die ihre sexuellen Erlebnisse medial verarbeitet. Mit nur wenigen Informationen ausgestattet, geht vdL der Sache nach. Wißbegierig lauscht er den skurrilen bis bizarren Vorträgen seiner Gegenüber, mitunter stillvergnügt, aber ohne seine Gäste jemals bloßzustellen. Erstaunlich genug, aber dieser als Vertreter der Schwagerkultur verrufene Alleinunterhalter bringt tatsächlich fertig, was so vielen der notorisch schlaumeiernden „Daily“- oder „Late-Night“-Inquisitoren restlos abgeht: Er kann die Klappe halten.

Ein weltbewegend neues Format haben die Kölner mit „Wat is!?“ wahrlich nicht erfunden, woher auch. Doch gerade wegen der legeren Form der Darbietung, des Verzichts auf grelle Inszenierungen, des nachgerade kargen Drumherums bietet die Sendung, zumal auf diesem Sendeplatz, eine willkommene Abwechslung. Oder nennen wir es einfach ... eine Ausweichmöglichkeit. Harald Keller