Ägyptens Islamisten bomben in Pakistan

Ein Selbstmordanschlag auf die ägyptische Botschaft in Islamabad fordert mindestens 17 Todesopfer. In Kairo bekennt sich die islamistische „Gamaat al-Islamiya“ zu dem Attentat  ■ Aus Kairo Karim El-Gawhary

Noch Stunden nach dem Anschlag waren die Schreie der unter den Trümmern der ägyptischen Botschaft in Pakistan Begrabenen zu hören. Gestern Morgen war nach Augenzeugenberichten ein Pkw vor das Gebäude im Diplomatenviertel der pakistanischen Hauptstadt Islamabad gefahren, ein Mann sprang heraus und schleuderte eine Handgranate vor den Eingang, der zweite Täter fuhr daraufhin durch das Eingangstor und sprengte sich selbst in die Luft.

Nach Angaben des pakistanischen Innenministeriums kamen bei dem Anschlag mindestens 17 Menschen ums Leben, 60 weitere wurden zum Teil schwer verletzt. Bei den meisten Toten und Verletzten handelt es sich um Botschaftspersonal. Zu dem Anschlag bekannten sich bei einer Nachrichtenagentur in Kairo die „Gamaat al-Islamiya“, die sogenannten islamischen Gruppen. Die Organisation führt seit über drei Jahren vor allem im ländlichen Oberägypten einen Kleinkrieg gegen die ägyptische Regierung, dem bisher Hunderte Polizisten, Islamisten und unbeteiligte Zivilisten zum Opfer gefallen sind.

Daß die militanten Islamisten ausgerechnet Pakistan als ihr neues Operationsfeld auserkoren haben, ist kein Zufall. Mit dem Ende des „heiligen Krieges“ gegen die Sowjettruppen in Afghanistan wurde Pakistan zum Mekka der militanten ägyptischen Islamisten. Vor allem im pakistanischen Peschawar sammeln sich seit Jahren die Afghanistan-Veteranen. Ein Teil von ihnen fand im Bürgerkrieg im ehemaligen Jugoslawien Arbeit. Viele blieben jedoch in Pakistan, um von dort Aktionen im Inneren Ägpytens zu koordinieren.

Vor wenigen Wochen unterschrieben Pakistan und Ägypten ein Auslieferungsabkommen für ägyptische Islamisten. Seither sind Dutzende von Militanten nach Kairo abgeschoben worden.

Der Anschlag ist das zweite Attentat auf ägyptische Diplomaten innerhalb weniger Tage. Letzten Montag wurde der Wirtschaftsattaché der ägyptischen Botschaft in Genf in der Nähe seines Hauses mit sechs Schüssen ermordet. Zu dem Anschlag bekannt sich eine „Gruppe der internationalen Gerechtigkeit“.

In Äypten selbst konnte die Polizei in den letzten Monaten einige Erfolge im Kampf gegen die islamistische Opposition verbuchen. Dutzende ihrer militärischen Führer wurden erschossen, zahlreiche Waffenlager aufgedeckt. Es scheint, als habe der ägyptische Geheimdienst die Führungskader der Islamisten im Land unterwandert.

Die zwei Attentate auf ägyptische Diplomaten im Ausland deuten darauf hin, daß die Militanten nun beschlossen haben, die ägyptische Regierung durch Anschläge auch außerhalb der Landesgrenzen unter Druck zu setzen.

Bei dem Attenta in Islamabad könnte es sich auch um einen Racheakt für das Verschwinden des Sprechers der „Gamaat al-Islamiya,“ Talaat Fuad Qassim, handeln. Qassim, der als politischer Flüchtling in Dänemark lebte, wurde im September in Zagreb von der kroatischen Polizei verhaftet und ist seither verschwunden. Vieles deutet darauf hin, daß er inzwischen in den Händen des ägyptischen Geheimdienstes in Kairo ist. In Pakistan hat Qassim viele Freunde. Er hat dort selbst längere Zeit gelebt und die Zeitschrift al- Murabituun herausgegeben, das offizielle Organ der „Gamaat al- Islamiya“.

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