Am Horizont wartet die PDS

■ Führende Sozialdemokraten wollen das Verhältnis zur PDS neu bestimmen. SPD-Landespolitiker können sich selbst eine Koalition mit den Postkommunisten vorstellen

Berlin (taz/dpa) – Die SPD auf der Suche nach neuen Ufern: Nach Oskar Lafontaines klarem Bekenntnis zu einer rot-grünen Reformperspektive und nach seiner Forderung, die PDS „an unserer Demokratie zu beteiligen“, wollen bundesweit führende Sozialdemokraten nun das Verhältnis ihrer Partei zur PDS neu bestimmen. Gegenüber dem Spiegel sagte der neue SPD-Parteichef, er setze auf einen Bonner Machtwechsel mit rot-grüner Mehrheit und wolle deshalb „weiterhin für diese Perspektive werben“. Die Politik solcher Bündnisse sei „das Reformprojekt unserer Zeit“.

Der Magdeburger Regierungschef Reinhard Höppner, von der SED-Nachfolgepartei im Landtag toleriert, griff Lafontaines Äußerung zur PDS umgehend auf. Er plädierte für einen „vernünftigen und angstfreien Umgang miteinander“. Ähnlich wie Lafontaine sprach auch Höppner von einer „Mehrheit links oder, besser gesagt, jenseits von der CDU“. Die Sozialdemokratie dürfe sich nicht dadurch einschüchtern lassen, „daß uns wieder ständig die PDS als Keule von der CDU übergezogen wird“.

Brandenburgs Ministerpräsident Manfred Stolpe stand Höppner nicht nach. Er nutze die Bild am Sonntag, um sich gegen eine „Kontaktsperre“ gegenüber der PDS auszusprechen. Das für Ende November angepeilte Gespräch Lafontaines mit dem PDS-Bundestagsgruppenchef Gregor Gysi könne dazu beitragen, „daß die Sozialdemokraten kein starres und unflexibles Verhalten zur PDS behalten“. Ähnlich äußerte sich am Wochenende dann auch der Bundestagsabgeordnete Horst Schmidbauer. Die SPD müsse „offen an die Sache herangehen, die PDS in Sachfragen einbeziehen und gemeinsam eine breite Basis suchen. Eine Zusammenarbeit muß wachsen und sollte sich über die Sachfragen bewerkstelligen lassen.“

Auch SPD-Fraktionsvize Rudolf Dreßler hielt es „für falsch, nicht zu regieren, nur weil die PDS im Wege steht“. Man könne die PDS nicht wie Leprakranke ausschließen. „Bei einem Stimmenergebnis von gut 30 Prozent für die CDU dürfen für die Mehrheit von 60 bis 70 Prozent, die SPD, Grüne und PDS zusammenbekommen, auch Koalitionen in Zukunft nicht ausgeschlossen werden.“

Harald Ringstorff, Wirtschaftsminister im schwarz-rot regierten Mecklenburg-Vorpommern ging über die Statements seiner Parteikollegen hinaus. Für ihn steht in den Bereichen Bildung und Soziales die Landes-PDS seiner SPD heute schon näher als die Unionspartei. Landesgeschäftsführer Nikolaus Voss pflichtete dem mit den Worten bei: „Wenn wir die CDU in die Opposition schicken wollen, dann müssen wir auf die PDS zugehen.“ Er könne sich auch eine Koalition mit der PDS vorstellen, „wenn sie ihre Hausaufgaben macht und eine verantwortliche Politik mitträgt“.

Skeptischer äußerte sich der Bonner Fraktionsgeschäftsführer der SPD. Peter Struck betonte, die Zeit sei noch nicht reif für Koalitionen mit der PDS. Vor allem die Mitglieder der SPD in den alten Bundesländern würden eine Öffnung gegenüber der PDS nicht verstehen. Im übrigen hätte er auch Bedenken, mit einem Mann wie Gysi politisch zu verhandeln, solange der Vorwurf der Stasi-Tätigkeit nicht vollständig ausgeräumt sei. Wolfgang Gast