Endlich: Oggersheim wird Kanzlermuseum Von Mathias Bröckers

Als unlängst der chinesische Staatschef in Berlin weilte und wegen angekündigter Menschenrechtsdemonstrationen einen offiziellen Empfang kurzerhand absagte, brachte die BZ den Eklat prägnant auf den Punkt: „Peng – weg war er!“. Letzte Woche, beim SPD-Parteitag, liefen Springers Headline-Dichter einmal mehr zu neodadaistischer Hochform auf: „Rumms – Oskar ist da“. Wenn eine Schlaftabletten-Veranstaltung wie ein SPD-Parteitag unter Scharping derart naturgewaltige Erschütterungen hervorbringt, bleibt sprachlich nur noch ein Vulkanausbruch.

Und ein bißchen etwas von einem Naturereignis hatte es ja auch, was da aus heiterem Himmel über die SPD gekommen ist – ein kleiner Schritt für Lafontaine, der nur von der zweiten in die erste Reihe getreten ist, aber ein großer Schritt für die Partei. In der Wählergunst hat die SPD nach dem Sturz von Rudolf dem Schlaffen sofort einen Sprung nach vorn gemacht und um 6 Prozent zugelegt – und dem Kanzlerwahlverein sitzt der Schreck noch in den Knochen.

Daß mit dem Schüren von dumpfer Kommunistenangst und Kaltem Krieg keine Wahl mehr zu gewinnen ist, hat Berlin gerade gezeigt – was aber bleibt dann noch, um auf Lafontaine und die sich abzeichnende rot-grüne Perspektive zu antworten? Wenig, wenig – und so ist der Prachtkanzler im Reich der Mitte erst einmal verstummt. Daheim stammelt Stoiber Edi etwas von „anderer Republik“ und „Schicksalswahl 1998“, Pfarrer Hinze justiert die „Mitte“ gegen das neu erstarkte „linke Lager“. Und die FDP? Da die Kinkel-Kameraden bis 98 ohnehin erledigt sind, interessiert das kaum noch jemanden. Genausowenig wie das Gerede von „Königsmord“, „Brutus“ und „Kain und Abel“, das bei den entsetzten Konservativen nach Lafontaines Wahl die Runde macht – dabei haben die SPD-Delegierten genau das Richtige getan, als sie ihrer Emotion freien Lauf ließen und Oskar wählten.

Weiter an der Tranfunzel Scharping festzuhalten hätte bedeutet, Kohl einen adenauermäßigen Wahlsieg in den breiten Schoß zu legen – so aber wurden im letzten Moment die Weichen auf Opposition gestellt. Und es wird, nach 13 Jahren Kohl-Monarchie, endlich wieder einmal spannend. Was jetzt freilich droht – und das Gezeter ist bereits mitten im Gange –, ist nicht eine Debatte über die Inhalte einer rot-grünen Wende, sondern eine Gespensterdebatte über die Hoffähigkeit der PDS. Weil die Arithmetik ziemlich eindeutig ist – 55 Prozent plus x links der CDU –, steht und fällt die Macht des Oggersheimers mit der „Kommunistenfrage“.

Wird es gelingen, aus der Angst vor Iwan, Soffjets und Bolschewisten noch einmal Kapital zu schlagen? Sinnigerweise saß Kohl in dem Moment, wo sich, „rumms“, in Deutschland seine Abwahl anbahnt, gerade bei „Peng“ auf dem Sofa, um mit den Schlächtern des Himmlischen Friedens Hände zu schütteln und ein paar Milliarden- Deals einzufädeln. Eine denkbar schlechte Position, um vor der „roten Gefahr“ zu warnen und – erinnert sich noch wer? – die „geistick moralische Wende“ anzumahnen. Und wenn er nach Hause kommt, ist das politische Kartenhaus völlig neu gemischt: die PDS wird zur CSU der SPD und Oggersheim endlich Kanzlermuseum.