Der ganz legale Lauschangriff

■ Sachsens Polizei hörte mit und will so eine Entführung verhindert haben

Dresden (taz) – Das Landeskriminalamt Sachsen dementiert einen Spiegel-Bericht, nach dem es sich beim Lauschangriff auf die Wohnung eines mutmaßlichen Entführers „etwas außerhalb der Legalität“ bewegt habe.

Mit dieser Aktion Anfang November wurde die Entführung des CDU-Landrates von Mittweida, Andreas Schramm, verhindert. Rechtliche Grundlage des Lauschangriffs sei, so LKA-Sprecher Uwe Pradel, eine „Gemengelage“ von Strafprozeßordnung und Sachsens Polizeigesetz gewesen. Schramm, der übrigens auch einmal als Nachfolger des zurückgetretenen Innenministers Heinz Eggert gehandelt worden war, sollte vom Chef der örtlichen Sparkasse gekidnappt und gegen 15 Millionen Mark freigepreßt werden. Die Polizei hörte über drei Tage das Domizil des Bankdirektors ab und bekam mit, wie er mit Privatdetektiv Rainer Kapelke seinen Plan ausheckte. – Doch der hatte die Polizei längst auf die heiße Spur geführt. Hat das LKA am Drehbuch der Entführung „selbst mitgeschrieben“, wie der Spiegel vermutet? LKA-Sprecher Pradel begründet die Abhöraktion mit Hinweisen auf einen „unbekannten Dritten“ in dem Geschäft.

Sachsen ist das einzige Bundesland, in dem Lauschangriffe auch auf Wohnungen erlaubt sind. Paragraph 40 des im Sommer novellierten Polizeigesetzes ermöglicht „zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr“ den „Einsatz besonderer Mittel“ für die „Erhebung von Daten in oder aus Wohnungen“. Auf Antrag von Bündnis 90/Die Grünen und SPD prüft derzeit das Verfassungsgericht des Freistaates, ob diese Regelung verfassungskonform ist. Eine weitere Novität des sächsischen Polizeigesetzes hatte bei der sogenannten Rudolf-Heß- Woche Premiere. Damals waren über achtzig als Neonazis verdächtigte Personen zehn Tage lang eingesperrt worden; bis zu 14 Tagen Vorbeugegewahrsam wären möglich gewesen. dek