Kommentar: Machtfrage verloren
■ Der Koalitionsvertrag sticht Nölle aus
Wer hat in Bremen das Sagen über die Staatsfinanzen? Monate vor den Beratungen über den ersten gemeinsamen Haushalt der Großen Koalition ist dieser Konflikt zwischen SPD und CDU gestern in voller Härte aufgebrochen. „Natürlich ich“, meint der Finanzsenator und forderte von allen anderen SenatorInnen einen Unterwerfungsbeschluß. Eine Haushaltssperre sollte es ihm ermöglichen, selber das letzte Wort über jede einzelne Ausgabe jedes einzelnen Senatsressorts zu sprechen. Die sieben anderen Mitglieder des Senats wären – zumindest für den Rest dieses Jahres – entmachtet gewesen.
Doch schon in den Koalitionsverhandlungen hatten die CDU und ihr Spitzenkandidat Nölle mit dieser Vorstellung einer Zentralmacht im Haus des Reichs bei der SPD auf Granit gebissen. Die SPD-Seite unter Henning Scherf setzte das Konzept der dezentralen Ressourcenverantwortung dagegen. Auch gestern im Senat kämpfte sie erfolgreich dafür, obwohl gleichzeitig Scherfs Altlast eines gnadenlos überzogenen Schulsanierungs-Etats auf der Tagesordnung stand – ein Paradebeispiel für unverantwortliches Umgehen mit dezentraler Ressourcenverantwortung.
Der Streit, der gestern aufgebrochen ist, wird bei den Haushaltsberatungen im nächsten Jahr erst richtig eskalieren. Ulrich Nölles Position ist dafür seit gestern stark geschwächt. Im Senat hat er die Machtfrage gestellt – und verloren. Dirk Asendorpf
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