Rebecca West über die Mörder

„Die Leute im Gerichtssaal, die die Monotonie auf ewig erdulden wollten, waren die 21 Beschuldigten auf der Anklagebank, die den Betrachter dadurch verlegen machten, daß sie mit einer Schamlosigkeit auftraten, die historische Charaktere, besonders die Verzweifelten, sonst nur in schlechten Filmen zur Schau stellen. Dem was sie waren, ähnelten sie allenfalls (...) der Königin Mary auf Fotheringay oder Napoleon auf St. Helen in einem halbwegs sittenstrengen Oscar-Erfolg. Aber es war natürlich auch eine ungewöhnlich gespenstische Szene. Todeshauch umwehte die Angeklagten. Nicht nur drohte ihnen selbst die Todesstrafe, ständig war auch von Millionen Toten die Rede, und es wurde darüber gestritten, ob diese Millionen auf Befehl dieser Männer gestorben waren oder nicht; da sie nur zu gut wußten, was der Tod ist, und da sie ihn in ihren Vorahnungen durchlebten, zogen diese Männer die Monotonie des Prozesses seinem Ende vor. Deshalb klammerten sie sich vermittels ihrer Anwälte an Verfahrensfragen und dehnten sie bis an die Grenzen der Vorschriften aus; und daher erzeugten sie beim Rest des Gerichts, bei den Menschen, die Aussicht darauf hatten, Nürnberg zu verlassen und mit ihrem Leben fortzufahren, eine wilde Ungeduld. Daß diese sich Ausdruck verschaffte, verhinderte die eiserne Disziplin des Gerichts. Aber sie machte die Atmosphäre sehr angespannt.“

siehe nebenstehende Literaturangabe