Dolores kommt unerbittlich

■ 8.800 Beschäftigte bei der Dasa werden entlassen. Von den fünf in Gefahr gewesenen Werken haben nur Ludwigsfelde und Dresden eine sichere Zukunft

Berlin (taz/dpa/AFP) – Bei der Daimler-Benz Aerospace fallen 8.800 Stellen weg. Dies hat heute der Vorstand der Muttergesellschaft Daimler-Benz in Stuttgart offiziell bekanntgegeben. Damit sind die Hoffnungen der Betriebsräte zunichte, die Dasa-Führung würde weniger Stellen abbauen, als sie Ende Oktober angekündigt hatte. Ein Sprecher von Daimler- Benz meinte sogar: „Weitere Veränderungen sind möglich.“

Von den fünf Werken, die im Rahmen des „Dollar-low-rescue“- Programms (Dolores) von einer Schließung bedroht waren, erwischt es nur drei: Speyer, Laupheim und Peißenberg sollen weiterhin verkauft werden. Sie sollen aber in einer Übergangsphase den Status eines „bevorzugten Lieferanten“ der Dasa erhalten. Der Standort Ludwigsfelde bei Berlin bleibt erhalten. Er gehört zur Abteilung Maschinen Turbinen Union (MTU). Die Dasa will in Ludwigsfelde in den kommenden Jahren sogar 57 Millionen Mark investieren, um dort zivile Gasturbinen warten zu lassen. Auch die Elbe-Flugzeugwerke in Dresden werden nicht dichtgemacht. Mit den Landesregierungen verhandelt die Dasa hier noch über neue Beihilfen.

Ob und wie die betroffenen ArbeiterInnen gegen die Beschlüsse kämpfen, war bis Redaktionsschluß noch unklar. Der Leiter des Bezirks Küste der IG Metall, Frank Teichmüller, sagte schon am Montag: „Die Massenentlassungen und Standortaufgaben werden durch unsittlich hohe Gewinnerwartungen verursacht.“ Daimler habe im Vorfeld der Beschlüsse einen Dialog mit der Gewerkschaft angeboten, in dem alles verhandelbar sei, „außer der Gewinnerwartung von 1,2 Milliarden Mark bei einem kalkulierten Dollarkurs von 1,35 Mark. Diese Prämissen verengen den Verhandlungsspielraum für die Beschäftigten auf die Alternative: erschießen oder erhängen“, kritisierte Teichmüller den Dasa- Vorstand. Derzeit steht der Dollar bei 1,41 Mark.

Nach wochenlangen Spekulationen über das Dolores-Konzept, mit dem die tief in die Verlustzone geratene Dasa vor allem in ihrer Luftfahrtsparte jährlich 700 Millionen Mark einsparen will, hatte der Dasa-Vorstand am 23. Oktober seine Vorstellungen auf den Tisch gelegt: In einer orwellschen Sprachschöpfung wird das Sparprogramm „Wettbewerbs-Initiative“ genannt. Als Ziel wurde angepeilt, zwischen 1996 und 1998 gut 8.800 Stellen abzubauen und bis zu fünf Standorte zu streichen. Details sollten mit den Betriebsräten abgestimmt werden.

Der Dasa-Aufsichtsrat, der den Vorstand kontrolliert und bei strategisch wichtigen Entscheidungen zustimmen muß, ist weitgehend identisch mit dem Daimler-Vorstand, an dessen Spitze seit Mitte Juli 1995 der Ex-Dasa-Chef Jürgen Schrempp steht. In Schrempp sehen viele Dasa-Beschäftigte den eigentlich Verantwortlichen für die tiefroten Zahlen des Luftfahrtkonzerns. Reiner Metzger