Nachschlag

■ „Poor Super Man“ von Brad Fraser im Stükke-Theater

Comic mit Fußnote Foto: David Baltzer/Sequenz

Ein Stück mit Untertiteln wünscht sich Autor Brad Fraser. Auf Wände, Fußboden und an die Decke sollen sie projiziert werden, auf die Körper und Gesichter der Schauspieler. Nach der Inszenierung „Unidentifizierte Leichenteile & das wahre Wesen der Liebe“ von 1992 ist „Poor Super Man“ das zweite Werk des jungen Kanadiers, das sich das Stükke-Ensemble vorgenommen hat. Jung und großstädtisch geht es um Liebe, Ehe, Aids, Schwulsein, Künstlersein, Überleben und Sterben. Mittenmang Superman. Der Comic-Held ist die Soap-opera-Figur, dessen Leben David, Max, Shannon, Karen und Vera verfolgen, als gehörte er zur Familie. Mittenmang auch die Untertitel. Sie sollen Tempo ins Spiel bringen, Kommentare liefern und Ereignisse verschränken. Sie simulieren das Leben als Fragment, sind Überwachungsorgan und Gewissen. „Denkst Du beim Sex an andere?“ fragt Vera ängstlich. „Ja“, strahlt es knallrot vom Monitor herunter, „nein“, versichert ihr Gatte Max. Es lacht das Publikum.

Doch schon bald hat sich dieses Spiel der Variationen ausgereizt, zurück bleibt ein Comic mit Fußnoten. Und siehe: Drei Monitore allein, auch wenn sie an pikanten Stellen stark verfremdete Sexspielchen zeigen, machen noch keine Inszenierung. „Poor Super Man“ bleibt ein beliebiger Versuch, das Theater zu multimedialisieren. „Poor Super Man“, das Stück für die Großstadt, ist ein Kniefall der Regie vor dem großstädtischen Leben, das die Gesetze der Bühne nicht kennt. Donald Berkenhoff serviert Miniszenehäppchen, die die Figuren zu Pappkameraden machen. Marina Schütz als Transe Shannon, aidskrank im Endstadium, gelingen zwar ein paar Szenen mit blauem Tom-Waits-Charme und hingeworfenem Zynismus, aber Thomas Reisinger als Maler David, gerade uninspiriert und auf Männersuche, hat man schon weitaus besser auf der Bühne gesehen. Und geradezu unerträglich ist die liebende Gattin Vera, die Natalia Hirthe als Klammeraffe geben muß. Auch Xenia Fitzner oder Gerd Lukas Storzer bleiben bei aller Hast in 08/15-Bewegungsrastern stecken. Mit Spieltempo und fliegenden Wechseln allein (das weiß doch jeder Fußballer) ist eben kein Spiel zu gewinnen. Petra Brändle

Bis 6. 1., Di-Sa, 20.30 Uhr, Stükke, Hasenheide 54, Kreuzberg