■ Linsen Soufflé: Jede Menge Scheiterhaufen und ein Mini-Bikini
Im nordfranzösischen Rouen wird Touristen sehr gerne ein Witz erzählt, der die britische Küche zum Inhalt hat. Der Scherz geht so: „Die Engländer kochen alles, nur Jeanne d'Arc, die haben sie gegrillt.“ Die alte Geschichte aus dem Jahre 1431 wurde auch auf der Leinwand immer wieder gerne nacherzählt. So mußten dafür u.a. schon Ingrid Bergmann und zuletzt Sandrine Bonnaire als Heilige Jungfrauen ihr Leben lassen. Aber noch immer gönnt man der armen Seele keine Ruhe. In Hollywood werden wieder Scheiterhaufen gebaut, denn man hat mindestens drei Johanna-Projekte im Feuer, und zwar eines bei Fox („Company of Angels“), eins bei Warner („In nomine dei“) und eins bei Turner („Joan of Arc“). Als todgeweihte Jungfrauen sind u.a. die absolut unheilige Drew Barrymore und die irische Sängerin Sinead O'Connor im Gespräch. Dabei kann man davon ausgehen, daß Papst Johannes Paul II. höchstpersönlich in letzterem Fall auf einem echten Scheiterhaufen bestehen wird. War es doch schließlich Frau O'Connor, die öffentlich eine Fotografie des Chef-Christen verbrannte, und schließlich heißt es nicht umsonst „Auge um Auge“. Wahrscheinlich wird der Papst also seinen Scheiterhaufen bekommen, die Amis mögen ihn nämlich. Der Heilige Vater hat sogar die Macht, ein amerikanisches Nationalheiligtum, das Fernsehprogramm, zu ändern. Bei seinem letzten Besuch strich CBS den angekündigten, durchaus vatikankritischen „Pate III“ kurzerhand aus dem Programm. Der Papst nahm es wohlwollend zur Kenntnis und lud als Dank Mel Gibson (Katholik, verheiratet, sechs Kinder) in den Vatikan, um an einer Versammlung von Intellektuellen und Künstlern teilzunehmen. Knackarsch Gibson war übrigens der einzige Hollywood-Star, dem diese göttliche Ehre zuteil wurde.
Oliver Stone könnte das nie passieren, im Gegenteil, Mr. Stone ist schon wieder dabei, einen kleinen Skandal zu verursachen. Er beendete gerade die Arbeit an einem Director's Cut von „Natural Born Killers“. Die Fassung enthält gegenüber der ersten Version ... Na, was wohl? Genau! Mehr Gewalt! 150 ehemals geschnittene Gewaltszenen, hauptsächlich aus der Sequenz der Gefängnis-Revolte, hat Stone wieder reingefummelt. So sieht man nun zum Beispiel schön ausführlich, wie der abgeschnittene Kopf von Tommy Lee Jones auf eine Stange gespießt und fröhlich durch den Knast getragen wird. Außerdem endet der Director's Cut mit dem blutigen Tod des mörderischen Pärchens Mickey & Mallory. Allerdings hat Oliver Stone noch ein kleines Problem. Angesichts der vom republikanischen Präsidentschaftskandidaten Bob Dole jüngst gerade am Beispiel von „Natural Born Killers“ entfachten Anti-Hollywood-Kampagne weigern sich die Verantwortlichen des rechtehaltenden Studios Warner Bros., Stones Director's Cut in Umlauf zu bringen, weder als Kino-Wiederaufführung noch in einer Video-Edition. Da könnte auch Paul Verhoeven in Schwierigkeiten kommen. Auch er plant nach dem totalen Durchfall seines Sexfilmchens „Showgirls“ (siehe Linsen-Soufflé von letzter Woche) eine „verschärfte“ Version für die Videoauswertung. Demi Moore verfolgt dagegen eine vorgelagerte Strategie. Für ihren neuen Film „Striptease“ macht sie Reklame mit Körpereinsatz: In der „Tonight Show“ von David Letterman entblätterte sich die 32jährige Gattin von Bruce Willis bis auf einen Mini-Bikini – Bob Dole war nicht amüsiert. Karl Wegmann
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