Krieg mit Hilfe der Engel

Wachsende Spannungen mit dem südlichen Nachbarn Uganda und obskure Aktivitäten der USA machen Sudans Militärregierung nervös  ■ Von Bettina Gaus

Nairobi (taz) – Die kriegerischen Auseinandersetzungen im Süden des Sudan drohen sich in immer stärkerem Maße zu internationalisieren und in einen Konflikt auszuweiten, der ganz Ostafrika in Mitleidenschaft zieht. Die seit langem gespannten Beziehungen zwischen den Regierungen von Sudan und Uganda eskalieren möglicherweise sogar in einen offenen Krieg.

Uganda hat seine Truppen an der Grenze zum Sudan verstärkt, nachdem Mitte letzter Woche der sudanesische Juntachef Omar al- Bashir in Khartoum offen mit dem Einmarsch seines Militärs in Uganda gedroht hatte. „Unsere Armee hat begonnen, in Richtung auf die ugandische Grenze zu marschieren, und sie kommt, beschützt von Gott und mit Hilfe der Engel, rasch vorwärts“, erklärte er in einer Rede vor Soldaten.

Die sudanesische Regierung beschuldigt Uganda, die südsudanesische Rebellenbewegung SPLA (Sudanesische Volksbefreiungsarmee) militärisch zu unterstützen und sogar 7.000 eigene Soldaten und Söldner im Südsudan stationiert zu haben. Ugandas Regierung in Kampala wirft im Gegenzug Khartoum vor, einer ugandischen Guerillagruppe Unterschlupf und Hilfe zu gewähren. „Beide Seiten bestreiten die Vorwürfe, aber es fällt in beiden Fällen leichter, die Anschuldigungen zu glauben als ihr Leugnen“, kommentiert die angesehene Wochenzeitung East African, die in Kenia, Uganda und Tansanis gemeinsam herausgegeben wird. Aussichten auf eine Annäherung auf dem Verhandlungsweg sind gering. Uganda hat bereits im April die diplomatischen Beziehungen zum Sudan abgebrochen.

Die Kämpfe in dem seit zwölf Jahren währenden Bürgerkrieg im Südsudan sind vor einem Monat mit neuer Heftigkeit entbrannt. Am 25. Oktober startete die SPLA entgegen ihrer üblichen Taktik in der Trockenzeit eine Überraschungsoffensive. Die südsudanesischen Rebellen behaupten nun, mehrere strategisch wichtige Ortschaften wie Palutaka, Parajok und Owiny Kibul eingenommen zu haben und nur noch 36 Kilometer von der größten südsudanesischen Stadt Juba entfernt zu sein. Khartoum widerspricht dieser Darstellung. „Der Angriff, der von Uganda und anderen ausländischen Mächten unterstützt wurde, ist zurückgeschlagen worden. Die Situation im Süden ist exzellent“, erklärte der sudanesische General Ibrahim Suleiman im staatlichen Fernsehen. Unabhängige Beobachter bezweifeln, daß es der SPLA gelingen könnte, Juba zu erobern, wo dem Vernehmen nach rund 10.000 Regierungssoldaten stationiert sind.

Der Konflikt im Sudan hat seine Wurzeln noch in der Kolonialzeit. Der an Bodenschätzen reiche Süden des Landes ist von christlichen und animistischen Afrikanern bewohnt, der wirtschaftlich und politisch stets dominierende Norden mit der Hauptstadt Khartoum von islamischen Arabern. Dort hatte im Juni 1989 die islamistisch orientierte Militärjunta unter General al-Bashir die gewählte Regierung von Premierminister Sadiq al- Mahdi gestürzt. Seither ist der Sudan – vor allem wegen wiederholter Vorwürfe schwerer Menschenrechtsverletzungen – international immer mehr in die Isolation geraten. Zuletzt warf Ägyptens Präsident Hosni Mubarak dem Sudan Mittäterschaft bei einem gescheiterten Attentat auf ihn in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba vor. Sudanesische Oppositionsgruppen durften sich in Eritrea zu Strategiekongressen treffen.

Khartoum beschuldigt nun auch Ägypten und Eritrea, gemeinsam mit Uganda die SPLA direkt zu unterstützen. Beide Regierungen haben die Vorwürfe zurückgewiesen. Allerdings glauben auch Beobachter in der Region, daß die Rebellen – die in den letzten Jahren schwere Niederlagen hatten hinnehmen müssen – ohne Hilfe von außen ihre jüngste Offensive nicht hätten starten können.

Einem Bericht des in London erscheinenden Informationsdienstes „Africa Analysis“ zufolge planen die USA zudem in Uganda die Einrichtung eines Feldlagers für eine mobile Trainingseinheit. Sie wollen damit dem Bericht zufolge einer regionalen Initiative auf die Beine helfen, die den Sudan „konfrontieren“ soll. 80 Militärausbilder sowie eine unbekannte Zahl von Mitgliedern einer Spezialeinheit sollen sich bereits im Norden Ugandas aufhalten. Weiter heißt es, die Vereinigten Staaten hätten Uganda bereits Panzer und anderes Militärgerät geliefert. Sowohl das Verteidigungsministerium in Kampala als auch die US-Botschaft wiesen den Bericht als falsch zurück. Eine Botschaftssprecherin bestätigte allerdings, daß ugandische Militärs von US-Offizieren mit ausgebildet worden seien und derzeit ein US-Sergeant mit der Entwicklung eines Trainingsprogramms in Kampala betraut sei.

Ugandas Regierung dürfte aus mehreren Gründen daran gelegen sein, die Situation an der Grenze bis zu den bevorstehenden Präsidentschaftswahlen im Frühjahr nächsten Jahres unter Kontrolle zu bekommen. Die Parlamentswahlen 1989, eine Volkszählung und die Wahlen zur verfassunggebenden Versammlung 1994 konnten wegen der Aktivitäten der angeblich vom Sudan unterstützten Rebellen nicht in allen nördlichen Landesteilen abgehalten werden.

Darüber hinaus hat Uganda auch noch mit anderen Nachbarn Probleme und ist daher verwundbar: Sowohl die Beziehungen zu Zaire als auch zu Kenia sind gespannt. Bemühungen um eine Verringerung der Militärausgaben sind offenbar vorläufig auf Eis gelegt: Informationen des Londoner „Internationalen Instituts für Strategische Studien“ (IISS) zufolge steigt Ugandas Verteidigungshaushalt von umgerechnet 53 Millionen US-Dollar 1994 auf 94 Millionen US-Dollar in diesem Jahr – rund 36 Prozent des Budgets.