Schmieren lohnt sich

■ Die Koalition fordert und kippt zugleich Anti-Korruptions-Initiativen

Berlin (taz) – Widersprüchlicher geht es nicht mehr: Auf der einen Seite fordert die Union wirksame Schritte zur Bekämpfung der Korruption, auf der anderen Seite kippt sie aber entsprechende Anträge im Innenausschuß und im Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit (AWZ).

Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Erwin Marschewski, erklärte gestern im Zusammenhang mit Beratungen des Innenausschusses, Korruption sei ein Verbrechen, das die Grundlagen der Gesellschaft zersetze. Die Abschaffung der steuerlichen Absetzbarkeit von Schmiergeldern durch das Jahressteuergesetz 1996 stellt seiner Ansicht nach einen ersten richtigen Schritt in Richtung auf die Verbesserung der Bedingungen zur Bekämpfung der Korruption dar. Er begrüßte auch, daß sich die Bundesregierung zur Regelung des Verbots, inländische Zuwendungen bei Korruption steuerlich abzuziehen, auch auf internationaler Ebene einsetzen will.

Völlig anders hat dagegen der Abgeordnete der Bündnisgrünen, Manfred Such, die gestrigen Ausschußsitzungen erlebt. In beiden Ausschüssen, so Such, sei über einen Antrag der SPD beraten worden. Danach sollte die steuerliche Absetzbarkeit von Bestechungsgeldern gestrichen und eine internationale Antikorruptionsregelung erreicht werden. Im Innenausschuß, so Such, habe die Koalition aus CDU/CSU und FDP mit ihrer Mehrheit den Antrag vertagen lassen, im AWZ sei er mit Koalitionsmehrheit sogar abgelehnt worden. Ein weitergehender Antrag der Bündnisgrünen, der über die Streichung der steuerlichen Absetzbarkeit hinaus präventive Schritte zur Korruptionsbekämpfung vorsah, sei im Innenausschuß von der Koalition zu Fall gebracht worden.

Die Vertreter von Union und FDP, sagte Such, hätten deutlich gemacht, „daß sie insbesondere der deutschen Wirtschaft die steuerliche Absetzbarkeit von Schmiergeldern erhalten wollen, um diese vor befürchteten Nachteilen gegenüber internationalen Konkurrenten zu bewahren“. Sie hätten sich „als Bremser wirksamer Maßnahmen geoutet und damit ihre entgegengesetzten Lippenbekenntnisse als solche entlarvt“. Die Koalitionsvertreter hätten argumentiert, man dürfe nicht päpstlicher sein als der Papst. CDU/CSU und FDP ignorierten, daß in fünf der G-7-Staaten Schmiergelder gar nicht von der Steuer abgesetzt werden dürfen. Die Bundesrepublik stehe „insoweit am Ende der Skala“.

Der CDU-Politiker Marschewski verlangte gestern, korrumpierende Unternehmer von öffentlichen Ausschreibungen auszuschließen, den öffentlichen Dienst stärker zu kontrollieren und Möglichkeiten zur Einführung einer überregionalen Korruptionskartei zu prüfen. Damit solle verhindert werden, daß von Ausschreibungen ausgeschlossene Unternehmer über Zweitniederlassungen oder an anderen Orten wieder öffentliche Aufträge erhalten. Marschewski wies darauf hin, die Korruption sei in Deutschland weiter verbreitet als gemeinhin angenommen.

Nichts anderes stand auch in den abgelehnten Anträgen. Wolfgang Gast