Flickwerk auf dem Weg zur Demokratie

■ Der Entwurf für Südafrikas endgültige Verfassung drückt sich um alle zentralen Streitfragen zwischen den politischen Parteien der Regierungskoalition herum

Johannesburg (taz) – Als Meilenstein auf dem Weg zur Demokratie wird in Südafrika der erste Entwurf für eine endgültige Verfassung gefeiert. Doch was der Vorsitzende der Verfassunggebenden Versammlung und ANC-Generalsekretär, Cyril Ramaphosa, am Mittwoch nachmittag der Öffentlichkeit präsentierte, ist kaum mehr als Flickwerk.

Alle zentralen Streitpunkte zwischen ANC, der Inkatha-Freiheitspartei (IFP) und der Nationalen Partei (NP) sind weiterhin ungeklärt. Bis Mai nächsten Jahres, so sieht es die derzeitige Übergangsverfassung vor, muß jedoch die neue Verfassung verabschiedet sein. Vollkommen offen ist etwa, ob die drei Parteien auch künftig in einer „Regierung der Nationalen Einheit“ sitzen. Vor allem die alten Machthaber in der Nationalen Partei wollen in der Verfassung verankert haben, daß sie weiterhin mitregieren dürfen. Und auch Inkatha-Chef Mangosuthu Buthelezi hat großes Interesse, künftig ebenfalls in der Regierung zu sitzen.

Nächster Knackpunkt: die Frage des Föderalismus. Während der ANC von jeher einen starken Zentralstaat befürwortet, fordern NP und IFP möglichst viele Rechte für die Provinzen. Die 42-Inkatha- Abgeordneten haben bereits im Februar die Verfassunggebende Versammlung verlassen und sind bisher nicht an den Verhandlungstisch zurückgekehrt. Ihre Bedingung: Der ANC soll eine Vereinbarung von vor den Wahlen einhalten und internationale Vermittler einschalten. Der ANC lehnt das bislang strikt ab, und Ramaphosa forderte am Mittwoch statt dessen Inkatha auf, in die Verhandlungen zurückzukehren, um dort ihre Interessen zu vertreten.

Heftig gestritten wird zwischen den politischen Kontrahenten auch darüber, welche Rechte die zweite Kammer der Nationalversammlung haben soll. Derzeit gibt es neben dem Parlament einen 90köpfigen Senat, in dem Delegierte aus den Provinzen sitzen. Verglichen mit dem deutschen Bundesrat haben sie aber kaum Rechte. Seit Monaten versuchen die deutschen Parteistiftungen, die Südafrikaner davon zu überzeugen, daß eine starke Länderkammer für einen föderalistischen Staat notwendig sei. Die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung, die in erster Linie den ANC berät, sieht dessen föderalismusfeindliche Tendenzen mit Unbehagen und versucht, ANC-Parlamentarier und Verfassungsexperten davon zu überzeugen, daß das Modell des Bundesrats nachahmenswert sei. Und die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung hat mittlerweile Mühe, ihre Vorliebe für Inkatha als „wichtigen Faktor auf dem Weg zur Demokratisierung“ zu rechtfertigen. In Kwazulu/Natal wird derzeit eine Provinzverfassung ausgearbeitet, die so wenig demokratisch ist, daß selbst der konservative Verfassungsrechtler Ulrich Scharpen, der häufig für die Adenauer-Stftung unterwegs ist, Bundeskanzler Helmut Kohl schriftlich davor warnte, die Gelder der KAS könnten verschwendet sein. Kordula Doerfler