Ein Molotowcocktail für den Minister

Brandanschlag auf Sachsen-Anhalts Innenminister: Püchel bleibt unverletzt. Wenige Stunden nach dem Attentat nimmt die Polizei eine Atomkraftgegnerin als Verdächtige fest  ■ Aus Magdeburg Uwe Ahlert

Nur wenige Stunden nach einem Brandanschlag auf Sachsen- Anhalts Innenminister Manfred Püchel (SPD) hat die Polizei gestern eine 35jährige Frau aus Stendal als Tatverdächtige festgenommen. Nach Angaben des Landeskriminalamts (LKA) hat die Frau bereits ein Geständnis abgelegt. Über ihr Motiv ist dagegen noch nichts bekannt.

Die Frau hatte am späten Mittwochabend mit ihrem Wagen den Dienstwagen des Ministers an einem Bahnübergang zwei Kilometer nördlich von Magdeburg ausgebremst. Anschließend warf sie einen Molotowcocktail auf das gepanzerte Fahrzeug. „Wäre ich im Trabbi unterwegs gewesen, wäre die Sache bestimmt nicht so glimpflich abgelaufen“, ist Püchel überzeugt. So blieb er bei dem Anschlag unverletzt.

Der Fahrer des Ministers habe sich Typ und Farbe des Tatfahrzeuges sowie die Anfangsbuchstaben des Kennzeichens merken können, erklärte LKA-Chef Volker Limburg gestern. Deshalb habe die 35jährige schon kurz nach dem Anschlag aufgrund einer Rasterfahndung als Tatverdächtige ermittelt werden können. Nach Angaben Limburgs müsse die Frau dem militanten Spektrum der Atomkraftgegner zugerechnet werden. Nach eigenem Geständnis habe die 35jährige in der Nacht noch einen weiteren Anschlag auf das Gebäude des Magdeburger Innenministeriums geplant. Dieser Anschlag, so Limburg, sei jedoch gescheitert, weil der vorbereitete Molotowcocktail auf der Flucht zerbrochen sei.

Magdeburgs Polizei und der Staatsanwaltschaft ist die Verdächtige durch mehrere Ermittlungsverfahren bekannt. So soll sie unter anderem bei den Protesten gegen die Castor-Transporte nach Gorleben eine Bahnstrecke mit einem Wurfanker lahmgelegt haben. Außerdem fiel sie auf, nachdem sie als Autorin eines Drohbriefes an Ministerpräsident Reinhard Höppner identifiziert wurde.

Dessen SPD-Innenminister Püchel wurde von dem Anschlag völlig überrascht. Es habe zuvor keinerlei Drohungen gegeben, sagte LKA-Chef Limburg. Innenminister Püchel ist nicht unumstritten, weil er in Fragen der inneren Sicherheit eher zu den konservativen Sozialdemokraten gerechnet wird. PDS- und selbst bündnisgrüne Landespolitiker bespötteln ihn deshalb gern als „CDU-tolerierten“ Minister. Andererseits erwarb Püchel sich gerade im linken politischen Spektrum Anerkennung, da er gleich nach seinem Amtsantritt den ihm zur Verfügung stehenden politischen Spielraum im Asyl- und Immigrantenrecht bis an die äußersten Grenzen ausnutzte.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft ist nicht auszuschließen, daß die Tatverdächtige bei dem Anschlag geistig verwirrt war. Eine amtsärztliche Untersuchung kommt zu dem gleichen Schluß. Die Verdächtige soll nun in der geschlossenen Abteilung einer Psychiatrie untergebracht werden.