Lettland vor Neuwahlen?

■ Parlament spricht Regierungschef Maris Grinblats Mißtrauen aus

Stockholm (taz) – Der Versuch, in Lettland eine Regierung unter Ausschluß der „Für Lettland“- Partei des Deutsch-Letten Joachim Siegerist zu bilden, ist zumindest vorerst gescheitert. Am Donnerstag verweigerte das Parlament in Riga dem von Staatspräsident Guntis Ulmanis mit der Regierungsbildung beauftragten Chef der nationalkonservativen Partei „Vaterland und Freiheit“, Maris Grinblats, die Zustimmung für sein Kabinett. Mit 51 gegen 48 Stimmen wurde ihm das Mißtrauen ausgesprochen.

Grinblats, der sich im Parlament von vornherein nur auf eine Minderheit von 46 der 100 Abgeordneten stützen konnte, hoffte vergeblich auf die Stimmen der exkommunistischen „Sozialistischen Partei“ und auf weitere Überläufer aus den Reihen der zerstrittenen Opposition.

Mit einer Regierungskoalition der Wahlverlierer wollte Ulmanis die sich abzeichnende Linksaußen- Rechtsaußen-Achse zwischen der linkspopulistischen „Saimnieks“ des ehemaligen Jungkommunisten und Exinnenministers Ziedoniks Cevers und Siegerists rechtsextremer „Für Lettland“ stoppen. Der Präsident hatte stets betont, daß eine solche Regierung für Lettlands Ansehen im Ausland eine Katastrophe sei.

Da dieser Versuch nun gescheitert ist, zeichnen sich Neuwahlen als wahrscheinlichste Alternative ab. Sofern sich die neun im Parlament vertretenen Parteien nicht zu völlig neuen Konstellationen zusammenraufen. Allerdings können auch Siegerist und Co. auf keine Parlamentsmehrheit für eine Regierung unter dem Vorsitzenden der Partei „Saimnieks“, Ziedoniks Cevers, rechnen.

Die „Sozialistische Partei“ will als Zünglein an der Waage nur einer Regierung ihre sechs Stimmen geben, die sich bereit erklärt, den wegen Landesverrats inhaftierten ehemaligen lettischen KP-Chef Alfred Rubiks aus dem Gefängnis zu entlassen. Eine Forderung, auf die sich angesichts dessen rechtskräftiger Verurteilung keine seriöse Regierung einlassen kann. Reinhard Wolff