■ Rosi Rolands Bremer Geschichten: Was ein Oskar alles ersetzt
Wen kümmert schon Bremen! Anfang der Woche hatten drei innerstädtische Ortsvereine der SPD in die Angestelltenkammereingeladen, „SPD quo vadis?“ das Thema. Die Große Koalition in der Pleitestadt, als Konsequenz daraus, wirft drängende Fragen nach dem sozialdemokratischen Profil auf, könnte man meinen. Doch der Bremer Misere wich die SPD-interne Diskussionsveranstaltung sorgfältig aus. „Es gibt schon wieder neue Parteieintritte“, schwärmte Podiumsgast Henning Scherf. (Auch Austritte, fast genauso viele, das verschweigt er.) Und weil er weiß, daß das allein am neuen Bundeschef liegt, plaudert er über seine Eindrücke vom Mannheimer SPD-Parteitag gleich eine ganze Stunde lang: Auf Bundesebene wenigstens solle es nun eine „zugespitzte Oppositionslinie“ geben, freut sich Scherf. Die rund 40 GenossInnen, Durchschnittsalter 50 Jahre, lauschten Scherfs Geschichten vom Parteitag. Die paar Nicht-Mitglieder verließen schnell den Saal.
Scherf gab derweil „Entwarnung“ für die Nordstaatendiskussion: „Sowas geht nicht mit Oskar“, glaubt Scherf. Der Föderalist und Saarländer Lafontaine verkörpere traditionell die schwachen Regionen – wenn auch nicht die schwachen BürgerInnen. In der Sozialpolitik „kommen ungemütliche, noch nicht geklärte Auseinandersetzungen auf uns zu“, schätzte Scherf.
Bremer Finanzfragen erschöpften sich in Publikumszurufen: „Henning, wie willst du das bezahlen?“, wollte sich ein Genosse die Vision von einer „kollektiv abgesicherten Beschäftigungspolitik“ nicht so einfach schönreden lassen. Gräben zwischen „Natopolitikern“ und „Pazifisten“ wurden aufgerissen. Wahllos, aber mit einem Erfolg: Über Bremen brauchten die GenossInnen an diesem Abend nicht zu sprechen.
Gerd Syben, ausgetretenes SPD-Mitglied und von Beruf Hochschullehrer, der zweite Mann auf dem Podium, adjutierte dem Langen. Er folgte der Scherfschen Regieanweisung, „mir wär's Recht, wenn wir über Bonn und nicht über Bremen reden.“ Nur in seinem Schlußwort warf er konkrete Fragen auf. Was ist mit „Infrastrukturprojekten, die so wenig Arbeitsplätze wie kein anderer Bereich schaffen?“ Wir kann man „Schwung in den Laden“ Öffentlicher Dienst bringen? Etwa so: „Wenn man sich 20 Prozent des Gehalts durch Prämie wirklich verdienen muß.“ Leider war es zu spät, um die Frage „Quo vadis SPD“ aufzuwerfen. Rosi Roland
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