Bescherung für die Stromkonzerne

■ Finanzsenator drängt den Senat zum Verkauf von 25 Prozent der Bewag-Anteile, um das Haushaltsloch zu stopfen. Bedenken beim Kartellamt. Proteste von Wirtschaftssenator, SPD-Fraktion und Grünen

Die Stromkonzerne Preussen Elektra (Preag) und Bayernwerk sind ihrem erklärten Ziel, größeren Einfluß auf die Berliner Energiepolitik zu bekommen, ein gutes Stück näher gerückt. Finanzsenator Elmar Pieroth (CDU) möchte 25,8 Prozent der Anteile an der Bewag an die Berliner Bankgesellschaft verkaufen, die diese Anteile innerhalb eines Jahres an Dritte veräußern soll. Als Interessenten stehen die Preag und die Muttergesellschaft des Bayernwerks, die Viag, bereit.

Noch aber gibt es für einen solchen Deal Hindernisse: Wirtschaftssenator Norbert Meisner (SPD) will über einen Verkauf erst entscheiden, wenn Pieroth ein Gesamtpaket für Einsparungen vorgelegt hat. SPD-Fraktionschef Klaus Böger kündigte an, die SPD werde dem Verkauf beim derzeitigen Verhandlungsstand nicht zustimmen. Die umwelt- und energiepolitischen Sprecher der SPD- Fraktion fordern nach wie vor, einen Verkauf der Bewag-Anteile in den Koalitionsverhandlungen ausdrücklich abzulehnen. Und auch das Bundeskartellamt runzelt die Stirn: Zumindest eine weitere Beteiligung der Preag stößt dort auf „Bedenken“.

In der Vorlage der Finanzverwaltung wird ein Verkauf von 25,8 Prozent der Bewag-Anteile vorgeschlagen. Derzeit hält das Land Berlin 50,8 Prozent, Preag und Bayernwerke jeweils 10 Prozent, den Rest besitzen Private. Mit dem Verkauf, der dem Land die Sperrminorität von 25 Prozent plus einer Aktie sichern soll, will Pieroth 1,1 Milliarden Mark erlösen, um zumindest einen Teil des neuen Haushaltslochs zu stopfen.

Der Verkauf an die Bank ist für das Kartellamt kein Problem, der Weiterverkauf an Dritte möglicherweise schon, erklärte Klaus Wieneke von der Bundesbehörde. Ein „Fusionskontrollverfahren“ werde zwar erst bei einer Beteiligung von über 25 Prozent angestrengt, einem Wert, den Preag und Viag bei einer Teilung des Berliner Aktienpakets nicht erreichten. Doch erstens gebe es bei der Bewag etliche Aktien mit doppelten Stimmanteil, die die Stimmenmehrheit über 25 Prozent treiben könnten. Und zweitens könne auch bei Beteiligungen unter 25 Prozent eingeschritten werden, wenn dadurch ein „wettbewerbserheblicher Einfluß“ erreicht werde. „Bei der Preag habe ich da Bedenken“, so Wieneke, weil der Konzern aus Hannover (der einen Atomstromanteil von 50 Prozent hat) auch mit 26 Prozent an der Veag beteiligt sei, die Brandenburg mit Strom versorgt. Die Viag dagegen sei unbedenklich, meint Wieneke. Allerdings ist die 97prozentige Viag-Tochter Bayernwerk ebenfalls an der Veag mit 22 Prozent beteiligt.

Ganz andere Sorgen haben die Kritiker des Verkaufs. Wirtschaftssenator Meisner vermißt „ein Sparkonzept für die Haushaltssanierung. Wir können die Bewag jetzt nicht versilbern und übermorgen wieder vor dem gleichen Problem stehen.“ Als Essential in die Koalitionsvereinbarung sei die Weigerung des Verkaufs aber nicht mitzunehmen. „Bei der jetzigen Haushaltslage kann ich nichts ausschließen.“

Das sehen der umweltpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Holger Rogall, und der energiepolitische Sprecher Peter Meyer ganz anders. Denn der SPD-Fachausschuß Umwelt/Energie hat laut Meyer beschlossen, eine Ablehnung des Verkaufs bei den Sondierungsgesprächen „obenan zu stellen“. Auch für die Bündnisgrünen ist der Verkauf „energiepolitisch irrsinnig“. Denn Berlin gebe nicht nur ein Unternehmen ab, das über die Dividende die Landeskasse auffülle (1995 mit 33 Millionen), sondern vollziehe damit auch die „Energiewende, Rolle rückwärts“, meint der umweltpolitische Sprecher der Fraktion, Hartwig Berger. Mit der Bindung an die Preag nehme Berlin nicht nur Atomstrom, sondern auch Strom aus Großkraftwerken ab. „Damit erledigt sich das Berliner Energiekonzept,“ meint Berger. „Zentrale Vorgaben des Klimaschutzes fallen in sich zusammen.“ Bernhard Pötter