Uwe-Polonaise mit Pauli

■ Nach dem 1:0 im Derby kann der HSV heute gutgelaunt Seeler inthronisieren

Hamburg (taz) – Kein schönes Motto, aber das passende: „Gemeinsam auf getrennten Wegen!“ Diese Devise hatte der HSV Supporters Club, die einflußreichste Fangruppierung im Verein, ausgegeben. Dem konnte sich auch der FC St. Pauli vorbehaltlos anschließen, dessen Aufruf ein wenig volkstümlicher geriet: „Wer sich nicht sieht, kann sich auch nicht auf die Glocke hauen!“ Die freiwillig gewählte Segregation bewährte sich. Die aus der Vergangenheit bekannten Krawalle blieben beim 122. Hamburger Derby am Freitag abend weitgehend aus: 44 festgenommene Hooligans („wir rechnen sie dem HSV zu“, so die Polizei), die in der Nähe der Reeperbahn kurzzeitig randaliert hatten – es war Schlimmeres befürchtet worden.

Auf dem Spielfeld ging es ebenfalls ziemlich gesittet zu, nachgerade bieder – von Brisanz war wenig zu spüren. Selbst der unberechtigte Elfmeter, den Harald Spörl zum 1:0-Siegtreffer nutzte, wollte nicht recht als Zündstoff taugen. „Bitter“, sei der, klagte Uli Maslo eher pflichtbewußt denn wirklich erzürnt. Groß aufregen mochte sich St. Paulis Trainer nicht. Er war nicht der einzige. Warum sich das Leben auch unnötig schwer machen, wo doch „Platz für zwei Bundesligisten ist“, wie Uwe Seeler festgestellt hat.

Daß der HSV dabei in der ersten Reihe sitzen wird, der Konkurrent aber auf den ermäßigten Plätzen, ist nicht nur für den Mann klar, der heute abend zum Präsidenten gewählt werden wird. Gegen den restaurierten HSV – das Großkapital im Rücken und Uns Uwe als massenbindende Ikone vorneweg – wird der FC nicht anstinken wollen. Das hat Paulis Vize und Geschäftsführer frühzeitig signalisiert. In den vergangenen Wochen mimte der gern den Alt-68er gebende Christian Hinzpeter so überzeugend den liberalen Schmusetiger (Höhepunkt: gemeinsame Polonaise mit dem HSV-Oberen), daß die eigenen Leute murrten.

Doch seine Verrenkungen sind nicht umsonst gewesen: Der HSV wird nicht vergessen, daß sich der FC so anschmiegsam zeigte und so die Krönungsfeier von Uwe I. nicht gefährdet ist. Massen marodierender Hools auf der Jagd nach „Zecken“ wären da wenig hilfreich gewesen. Das Modell für die Zukunft heißt: Gemeinsam darüber reden, wie man sich nicht in die Quere kommt. Davon haben schließlich alle was. Clemens Gerlach

St. Pauli: Thomforde - Dammann - Stanislawski (65. Caligiuri), Trulsen - Hanke, Sobotzik (86. Becker), Pröpper, Szubert, Dinzey - Driller, Sawitschew (76. Scharping)

Tor: 1:0 Spörl (41.); Zuschauer: 54.876

Hamburger SV: Golz - Hubtschew - Henchoz, Hartmann - Fischer, Spörl, Kmetsch, Albertz, Schnoor (89. Kovacevic) - Jähnig (62. Bäron), Copado (84. Ordenewitz)