„Wissen, wer wir sind“

Gespräch mit Gülhan (17). Sie nimmt seit zwei Jahren aktiv an den Musik- und Tanzkursen des Kulturzentrums der Berliner Alewiten teil  ■ Von Dilek Zaptçioglu

Was ist für dich Alewitentum?

Gülhan: Vor allem Menschenliebe. Alewite sein bedeutet, seinen Glauben und seine Traditionen gut zu kennen und damit eine universale Menschenliebe zu pflegen.

Hast du dich immer dafür interessiert?

Nein, das hat vor zwei Jahren angefangen, nach Sivas. Ich besuchte den Verein und wollte meine Geschichte, meine Herkunft besser kennenlernen. Ich fühlte eine Verantwortung. Wenn wir die Traditionen nicht fortsetzen, wissen wir nicht mehr, wer wir wirklich sind.

Du trägst eine Hazreti-Ali- Kette, Nur wenn du hier bist oder auch draußen?

Draußen verstecke ich sie, denn man weiß ja nicht, wie die Leute reagieren. In der Schule, unter Sunniten ist das nicht gern gesehen.

Hast du auch sunnitische Freunde?

Natürlich. Wir haben nichts gegen Sunniten, es gibt sogar viele Mischehen. Nur viele Sunniten wollen uns nicht akzeptieren, da muß man vorsichtig sein.

Würdest du einen Sunniten heiraten?

Ja, wenn er aufgeklärt ist, ein demokratisch denkender Mann, und seine Familie nichts gegen mich hätte, schon. Ich würde nicht jemanden heiraten, der meine Familie und mein Alewitentum ablehnt, der kein Demokrat ist.

Was willst du nach dem Abitur machen?

Ich will studieren, was, das weiß ich noch nicht genau.

Du spielst Saz und lernst Semah-Tänze. Hörst du auch gern andere Musik außer dieser traditionellen?

Ich höre auch gern Take That und die Prinzen, klassische Musik mag ich auch, nicht alles, aber die russischen Komponisten. Unsere anatolischen Lieder höre ich natürlich sehr gern. Es hängt eben von der jeweiligen Stimmung ab.