Es stinkt im Gelben Sack

■ Tote Fasane und Igel und auch mal eine Einwegspritze: Wertstoffe, in Woltmershausen von Hand sortiert

„Da gewöhnt man sich dran“, meint Betriebsinhaber Erwin Meyer in Woltmershausen gelassen. Es stinkt. Die meisten Auszubildenden der Hochschule für Öffentliche Verwaltung, die im Rahmen ihrer Projektwoche „Ökologie und Verwaltung“ die Sortieranlage der Gelben Säcke besichtigen, rümpfen die Nase und können es sich nur schwer vorstellen, hier von sieben Uhr morgens bis um 16 Uhr arbeiten zu müssen.

An den Bändern stehen zehn Frauen und Männer, mit Overall und Gummihandschuhen ausgerüstet. Sie trennen den Abfall nach Wertstoffen. Durch Schächte fallen die Sekundärrohstoffe in Sammelbunker. „Manchmal klebt der Müll wegen Essensresten zusammen – Verbackung sagen wir dazu. Das können wir dann nicht mehr recyclen“, erklärt Betriebschef Erwin Meyer. Die Reste fallen in den Container für die MVA. Über allem hängt ein süßer Fäulnisgeruch.

Zur Begrüßung gab es erstmal für jede BesucherIn etwas nettes: einen Kugelschreiber mit Firmenemblem und einen kleinen Schokonikolaus, dessen Aluhaut von einigen gleich vor Ort entsorgt wurde.

In der Lagerhalle türmen sich fertig sortierte und gebündelte Ballen bis in 5 Meter Höhe. Alles geordnet: gigantische Styorpor-, Papp- und Papierkuben thronen einträchtig neben Quadern aus Plastikschredder und Hohlkörpern (Plastikflaschen etc.). Diese Würfel können – je nach Art des Materials – 400 bis 500 Kilo schwer werden.

Die Teilnehmer der Stadtralley dürfen sich ein kurioses „Mitbringsel“ aus dem Gelbe-Sack-Müll aussuchen; der originellste Fund soll am Ende der Projektwoche prämiert werden. Eine Schülerin hält mit spitzen Fingern einen alten, ausgefransten Schlips in die Höhe. Andere finden einen verbeulten Fotoapparat und ein matschiges Lebkuchenherz vom Freimarkt.

Mehrere 100 Tonnen Abfall gehen täglich über das Betriebsgelände. Neben dem Gelbe-Sack-Müll werden auch Gewerbeabfälle und sperrmüllähnliche Abfälle gesammelt. So kann z.B. unbehandeltes Holz aus Paletten zu Spanplatten weiterverarbeitet werden. Erwin Meyer erklärte das Kernstück seines Betriebes, die Sortier-Anlage: Nachdem die gelben Säcke mit den LKWs der BEB angeliefert worden sind, werden sie mit Radladern in ein miststreuerähnliches Gebilde gekippt, das mit großen Reißhaken die Beutel aufschlitzt. Dann wandert der Müll mit einem Förderband rauf in den Sortierraum. Dort dreht sich ein riesiges Trommelsieb, das alles der Größe nach auf mehrere Sortierbänder verteilt.

Hinten scheppert eine Magnetrolle, ein „Metallabscheider“, der Blechdosen und andere Metallteile mit einem Elektromagneten aufsammelt. Aus den Sammelbunkern kommen die Wertstoffe in eine Ballenpresse und von da mit Gabelstaplern in die Lagerhalle. Die wiedergewonnenen Rohstoffe gehen zurück in die Industrie; z. B. kann die Stahlwerke GmbH (vormals Klöckner) den ausgesonderten Metallschrott einschmelzen und neu verarbeiten.

Der originellste Fund im Gelben Sack, erzählt Meyer, war einmal ein Igel. „Und ein toter Fasan.“ Einwegspritzen und Kartoffelschalen kommen auch öfters vor. Aber die Mehrzahl der BremerInnen wissen, was in den Gelben Sack gehört und was nicht: nur 15 bis 30 Prozent des in der Anlage sortierten Wertstoffmülls sind nicht recyclebar und werden als „Störstoffe“ der Müllverbrennung zugeführt. Beim gewerblichen Müll sind es immerhin 20 bis 50 Prozent. „Wir versuchen das Beste daraus zu machen!“

Die Ergebnisse ihrer Projektwoche, nämlich was Bremer Behörden und die Bremer Entsorgungsbetriebe (BEB) zum Umweltschutz beitragen, wollen die Verwaltungs-SchülerInnen demnächst in einer Ausstellung in der AFZ, Doventorcontrescarpe 172 zeigen. NiWe