„Damit wird die Öffentlichkeit verdummt“

■ Klaus-Uwe Benneter, SPD-Landesschatzmeister und Teilnehmer der Sondierungsgespräche mit der CDU, hält die Runden für „Schattenboxen“

taz: Die SPD hat sich viermal mit der CDU getroffen. Eine Wende in der Stadtpolitik wurde dabei nicht sichtbar.

Klaus-Uwe Benneter: So ist es. Das ist ein Schattenboxen. Die ganze Stadt wird an der Nase herumgeführt und so getan, als würde hier tatsächlich etwas stattfinden. Das haben wir Sozialdemokraten sicherlich mit verursacht, daß wir gesagt haben, wir brauchen noch fünf Wochen Zeit zum sondieren. Jetzt sollten wir der Öffentlichkeit gegenüber auch deutlich machen, daß uns im Interesse der Stadt daran gelegen ist, den Haushalt konsolidieren zu wollen. Das geht mit der CDU nicht. Dort habe ich den Eindruck, daß alles weiter so laufen soll wie bisher. Es wird um die Probleme herumgeredet und diese werden verschoben. Man hofft bei der CDU, damit über den SPD-Parteitag zu kommen.

Was hindert die SPD-Verhandlungsführer denn, bei den Treffen Klartext zu reden?

Klartext wird geredet, aber ohne Konsequenzen. Wir haben das Problem, daß wir in der Delegation die einen haben, die sich eher die Oppositionsrolle vorstellen können und die anderen, die sich die Große Koalition wünschen. Die letzteren überwiegen und stellen auch die Verhandlungsführer. Nachdem diese sich die ersten zwei, drei Runden etwas skeptischer gezeigt haben, haben sie nun unter sich die Parole ausgegeben, alles zum Erfolg zu erklären. Damit wird die Öffentlichkeit verdummt. Es finden dort keine Abklärungen statt. Statt dessen hat Herr Diepgen nun vierzehn Punkt Prosa zwischen Kabarett und Komik vorgelegt.

Bis zum Parteitag sollte es ja einerseits Sondierungsgespräche, andererseits eine innerparteiliche Debatte über die Fehler und über den künftigen Weg der SPD geben. Wie steht es mit letzterem?

Es sind alle Aufträge des letzten Parteitags bisher nicht erfüllt worden. Die Mehrheit in der SPD- Führung tut so, als sei die Partei wieder voll auf dem Weg in die Große Koalition. Dem aber ist nicht so. Ich kann die Öffentlichkeit deshalb nur warnen, damit sie nicht überrascht wird, wenn der Parteitag dann anders entscheidet. Ihre Alternative ist die Opposition. Woher kommt Ihre Sicherheit, daß die SPD in der Opposition eine klarere Politik macht?

Ich weiß, daß es in der Opposition unheimlich viele Klippen gibt. Ich habe auch keine Garantie dafür, daß wir in der Lage sein werden, alle diese Klippen zu umschiffen und nicht in der Opposition zu stranden. Nur: In der Großen Koalition sehe ich die sichere Verderbnis – für die SPD und auch für die Stadt. Gerade nach den Sondierungsrunden habe ich den Eindruck, daß hier nach dem Motto, nach uns die Sintflut, ein Tanz auf dem Vulkan veranstaltet wird. Die interessiert offenbar nicht mehr, daß spätestens 1999 ein Staatskommissar eingesetzt werden muß, um die notwendigen Zahlungen des Landes sicherzustellen. Es gibt in diesen Runden überhaupt keinen Ansatz, wie wir den Herausforderungen begegnen wollen.

Das ist alles nicht zwingend für eine Oppositionsrolle. Warum glauben Sie nicht daran, daß die Wahlniederlage ein heilsamer Schock für die SPD sein kann?

Weil ich jetzt diese vier Runden erlebt habe. Diese laufen ja so ab, wie zuvor offensichtlich die Senatssitzungen der Großen Koalition. Immer nett und freundlich, ohne daß dabei etwas rauskommt oder entschieden wird. Interview: Gerd Nowakowski