Vorschlag

■ Tom Liwa spielt solo und unplugged auf der Insel in Treptow

Steckt in jedem siebten Song der Sänger? Manchmal ja, und obwohl lyrisches und biographisches Ich seit Blumfelds „L'Etat et moi“ sich hierzulande selten begegnen, gibt es immer wieder Fälle, in denen die Verbindung der beiden weiterhin funktioniert, ohne gleich in Platitüde oder Kitsch abzudriften. Käme man auf die naheliegende Idee, die Texte der Duisburger Flowerpornoes nach der Gemütslage ihres Autors Tom Liwa zu befragen, ließe sich ohne größere Schwierigkeit das Phantombild eines Menschen an jener Schmerzgrenze zeichnen, hinter der nur noch der Abgrund wartet: Er steht verloren unter diesem Kleinstadtmond, der gar nicht anders kann, als ihn anzulügen. Am Ende dieser Straßen, durch die er irrt, lauert nichts als Tiefschlaf. Er hat diese Welt nicht erfunden, die war immer hier – und seine Lieder handeln nur davon, wie einer über den Berg kommt und alles gerade eben noch gutgeht. Und manchmal wünscht er sich, er hätte ein Herz aus Stein.

Selbst der kommerzielle Erfolg, der sich nach fünf Alben langsam einstellt, wird in einem Stück wie „Titelstory gegen ganzseitige Anzeige“ nur in seiner Gebrochenheit wahrgenommen und – „Es ist einsam hier oben“ – ironisch hinterfragt und für „irgendwie besser als gar nichts“ befunden. Dennoch handeln nicht alle der auf den beiden letzten Alben „Mamas Pfirsiche (für schlechte Zeiten)“ und „...red nicht von Straßen, nicht von Zügen“ versammelten Lieder nur von Einsamkeit, Hoffnungslosigkeit und Verlust.

Schließlich ist Romantik das einzige, was ihn rauskriegt vor die Tür. Und in seinen Erinnerungen an die ersten Küsse unter den Bäumen bei der Eissporthalle, wo die Jungs mit ihren Mopeds standen, an die Tage mit Jugendliebe Liane, scheinen noch immer die Schatten eines vergangenen, flüchtigen Glücks durch. Außerdem bleibt da trotz der traurigen Freude, die Zwanzig einigermaßen heil überstanden zu haben, die Gewißheit, daß es nicht nur verlorene Zeit war, die da besungen wird. Wenn Tom Liwa heute abend seine neuen Songs nur mit Gitarre unter dem Arm ausprobiert, dann schlägt sein Herz nicht für sich, sondern noch immer für die da draußen. Und wenn da eins ist, was er sich wünscht, dann, daß am Ende alles in Ordnung ist. Gunnar Lützow

Heute, 20.30 Uhr, Insel der Jugend, Alt-Treptow 6