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Chomeini-Propaganda auf Sprachenmesse

■ Iranischer Stand auf Expolingua zeigte Propagandabroschüren. Messe-Betreiber geben sich arglos

Der iranische Flüchtling Ali M.* staunte nicht schlecht, als er am vergangenen Sonntag die Sprachenmesse Expolingua am Alexanderplatz besuchte. Am Stand des Generalkonsulats der Islamischen Republik Iran entdeckte er Propagandaschriften von Ali Schariati, dem Chefideologen der islamischen Revolution. Zwischen Informationen zu Sprachreisen in den Iran, Persischkursen und Iranistik-Studium in Berlin wurde auch dem Ajatollah Chomeini gehuldigt. Ein Bild zeigte ihn zusammen mit Ali Chamenei, einem der geistigen Führer des Irans, der wahrscheinlich auch Chomeinis Nachfolge antreten wird. Islamische Propaganda hat auf einer Sprachenmesse nichts zu suchen, kritisierte einer der Flüchtlinge gegenüber der taz: „Erst recht nicht nach dem Mordaufruf des iranischen Regimes gegen Salman Rushdie und nachdem der iranische Präsident Rafsandschani verkündet hat, die Ermordung Rabins sei eine „Strafe Gottes“ gewesen“.

Bahman Brendjian aus der Presse- und Kulturabteilung des iranischen Konsulates hält die Kritik an den Schriften von Schariati für überzogen. „Die Bücher beschreiben die islamische Kultur“, rechtfertigt er sich. Besucher hätten gezielt nach den Schriften gefragt, also habe man verabredet, daß die Bücher am Sonntag nachmittag am Messestand abgeholt werden könnten. Nur in dieser Zeit hätten die Bücher ausgelegen. Drei Exemplare des Buches „Der Imam“ seien gar von einem deutschen Besucher vorbeigebracht worden. Ausgerechnet in einem Augenblick, in dem Brendjian Mittagspause machte. Als er zurück kam, habe er die Bücher sofort weggepackt, behauptet der Mitarbeiter des iranischen Konsulates.

Das iranische Generalkonsulat hatte gegenüber dem Messeveranstalter „International Consultants for Education and Fairs GmbH“ (ICEF) angegeben, daß sich auch das Iranistik-Institut der FU Berlin an dem Messestand beteiligen würde, erklärten die Messeveranstalter. Die MitarbeiterInnen des Iranistik-Institutes bestreiten jedoch jegliche Verbindungen zum iranischen Generalkonsulat. „Das Generalkonsulat ist in letzter Zeit verstärkt in diese Richtung aktiv geworden und hat versucht, Iranistik-Institute in seine Arbeit einzubinden“, sagt Professor Dr. Günter Gobrecht, einer der beiden Professoren des Institutes. Sein Institut halte keinen Kontakt mit dem Konsulat und auch keiner der MitarbeiterInnen habe im Messestand des Irans mitgearbeitet.

„Wir haben den iranischen Stand jeden Tag kontrolliert und die Aussteller aufgefordert, zweifelhafte Bilder und Schriften wegzupacken“, sagt Holger Wetzel, Pressesprecher von ICEF. Dabei seien jeden Tag verschiedene Dinge beanstandet worden, unter anderem auch das Chomeini-Bild. Was sich sonst in den Kartons verbarg, habe man jedoch nicht kontrollieren wollen. „Natürlich ist uns die Problematik rund um den Iran bekannt gewesen“, meint Wetzel. Bei Konflikten versuche die ICEF jedoch, keine der Parteien auszuschließen. „Wir versuchen statt dessen, beiden Seiten die Gelegenheit zu geben, ihre Sicht der Dinge darzustellen“, so der ICEF-Sprecher. Deshalb seien alle iranischen Kulturvereine in Berlin zur Messe eingeladen worden. Der iranische Stand habe außerdem die Auflage bekommen, nur über Sprache und Kultur des Landes zu informieren, politische Äußerungen sollten unterbleiben. „Wenn sich allerdings herausstellt, daß das Konsulat unsere Vereinbarungen nicht eingehalten hat, dann wird das Konsequenzen haben“, kündigt Wetzel an. Nach einer Protestaktion von 20 Flüchtlingen gelobten die Messerbetreiber Besserung. Sie boten den Protestierenden an, im nächsten Jahr einen kostenlosen eigenen Stand aufzubauen. In Frankfurt ist man da weiter: Seit dem Mordaufruf gegen Rushdie 1990 dürfen weder der Iran noch Verlage des Mullah-Staates auf der Buchmesse ausstellen. Elke Gundel

* Name von d. Red. geändert

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