Immer mehr Frauen auf dem Vormarsch

■ Rußland: Bis vor drei Jahren gab es nur eine Frau Oberst – und die im Weltall

Wachsende Frauenarbeitslosigkeit und zunehmende Unlust der Männer zum Wehrdienst ebnen in Rußland einer immer größeren Zahl von Frauen den Weg in die verschiedenen Streitkräfte. Zu unterscheiden sind die Truppen des Innenministeriums, dann die dem Verteidigungsministerium unterstellte eigentliche russische Armee und die Grenztruppen.

Die Truppen des Innenministeriums rechtfertigen ihre Existenz aus dem Auftrag, die verfassungsmäßige Ordnung zu schützen. Sie stellen die berühmt-berüchtigten Omon-Einheiten für Anti-Terror- Einsätze und die Sturmtruppen in Tschetschenien. Vermutlich ist die Anzahl der Frauen unter ihnen am geringsten. Anders in den Grenztruppen. Die rasante Zunahme der Soldatinnen in ihren Reihen läßt sich gleichsam an den Schlagbäumen ablesen. Diese Einheiten sollen rein defensive Aufgaben wahrnehmen. In GUS-Staaten ohne nennenswertes eigenes Militär sind sie allerdings auch in richtige Kämpfe verwickelt. Dies gilt vor allem für die tadschikisch-afghanische Grenze, die Rußland als vorgeschobenen Wall seiner eigenen Grenze betrachtet. Es ist aber nicht möglich, statistische Angaben über den Anteil der Frauen bei diesem Heer zu bekommen.

Anders bei der russischen Armee. Sie entfaltete 1992 eine breit angelegte Propagandakampagne, um Bürgerinnen zum Eintritt zu ermutigen. Damals wie heute gibt das Verteidigungsministerium bereitwillig Auskunft. Demnach dienen heute über 161.000 Frauen in der russischen Armee, das sind 8,5 Prozent des gesamten Personals. Davon sind 28.000 Offizieranwärterinnen, 1.610 Offizierinnen, und vier bekleiden den Rang einer Frau Oberst. (Zum Vergleich: In den US-Streitkräften gibt es zehnmal so viele Soldatinnen und eine Handvoll Generalinnen). Seit 1992 hat sich die Zahl der Offizierinnen in Rußland verdreifacht. Den Titel „Frau Oberst“ trug damals nur die „erste Frau im Weltall“, Exkosmonautin Valentina Tereschkowa.

Die meisten Frauen in der russischen Armee dienen als Kommunikationsspezialistinnen, Ärztinnen, Übersetzerinnen. Jetzt gibt es dafür einige spezielle Schule für Offizieranwärterinnen. 1992 stellte dieses weibliche Personal bereits die Hälfte der Vertragskräfte bei den Fallschirmjägerregimentern um die russische Hauptstadt. Viele von ihnen sind Ehefrauen von Offizieren, da alle durchschnittlichen russischen Familien auf ein doppeltes Einkommen angewiesen sind. Angesichts der gering entwickelten Infrastruktur vieler Garnisonsstädtchen fänden sie dort kaum eine andere Anstellung. Barbara Kerneck