Portrait
: Schönste Blondine

■ Virginia Mayo

Die Publicity-Abteilung ihres Studios warb für Virginia Mayo in aller Bescheidenheit mit dem Slogan „Die schönste Blondine der Welt“, und der Sultan von Marokko soll in ihr gar „den schlagendsten Beweis für die Existenz Gottes“ gesehen haben. In ihrer Glanzzeit erhielt die Mayo, die heute 75 wird, 4.000 Fanbriefe pro Woche – was Filmhistoriker nicht hinderte, sie bestenfalls als „peaches and cream“-Aktrice zu verbuchen: rosige Wangen, blondes Haar, holdes Lächeln.

Betrachtet man die Filme ihrer nahezu zwanzig Jahre dauernden Hollywood-Karriere jedoch genauer, ist eine erstaunlich wandlungsfähige Darstellerin zu erkennen. Samuel Goldwyn entdeckte sie 1942 für das Kino. Aufwendige, in Technicolor gedrehte Produktionen wie „The Princess and the Pirate“ stellten dabei vor allem ihr attraktives Äußeres in den Vordergrund. Mit der Darstellung der lebenslustigen und untreuen Ehefrau eines Kriegsheimkehrers in William Wylers Melodrama „The Best Years of Our Lives“ gelang ihr 1946 der Wechsel in ein anderes Rollenfach. Nachdem sie 1949 einen langfristigen Vertrag bei Warner Bros. unterschrieben hatte, konnte sie in den folgenden zehn Jahren ihre Vielseitigkeit unter Beweis stellen. Sie spielte in Komödien und Melodramen, Western und Gangsterfilm – und trat auf eigenen Wunsch sogar in mehreren Musicals auf. Die von ihr verkörperten positiven Charaktere strahlten meist eine sanfte Stärke aus, ihre „bad girls“ waren jedoch kalt und gemein.

Gottesbeweis: Virginia Mayo Foto: Stiftung dt. Kinemathek

Gern wurde sie auch in historischen Abenteuerfilmen eingesetzt; Megaflops wie „The Story of Mankind“ (mit Mayo als Cleopatra) blieben in ihrer Karriere die Ausnahme. In vier Filmen für den Regisseur Raoul Walsh spielte sie ihre schönsten Rollen, darunter (als Partnerin von James Cagney) die Gangsterbraut in „White Heat“. Ihre Lieblingsrolle war die einer in eine ausweglose Liebe zu einem Outlaw verstrickten Halbblutindianerin in „Colorado Territory“, Walshs Westernremake seines Gangsterklassikers „High Sierra“.

Wie bei den meisten Vertragsschauspielern kam das Ende ihrer Karriere mit dem Zusammenbruch des Studiosystems in Hollywood. Ihr auslaufender Kontrakt wurde 1959 nicht mehr verlängert; in den 60er und 70er Jahren hatte das Kino nur noch wenige unbedeutende Rollen für sie. Mayo ging erfolgreich zurück zur Bühne und widmete sich ansonsten ihrem Hobby: der Malerei. Lars Penning