Mitsprache für Moskau

■ Nato und Rußland einigen sich über Details der Bosnien-Friedenstruppe

Brüssel/Budapest (taz/AFP/ AP) – Die Nato und Rußland haben sich in Brüssel auf weitere Aspekte der gemeinsamen Friedenstruppe in Bosnien geeinigt. Danach hat der russische Verteidigungsminister Pawel Gratschow von der Nato die Zusage erhalten, daß Rußland bei der politischen Kontrolle der Friedenstruppe ein ständiges Konsultationsrecht erhält, nicht aber ein Vetorecht. Moskau werde künftig vor wichtigen Entscheidungen des Nato-Rates über den Friedenseinsatz angehört, erklärte der amtierende Nato-Generalsekretär Sergio Balanzino.

Dazu wird ein neues Konsultativkomitee geschaffen, dem Rußland und die 16 Allianzmitglieder angehören. Eine entsprechende formale Übereinkunft werde demnächst ausgearbeitet. Nach der Unterzeichnung des Friedensabkommens, die für den 13. oder 14. Dezember in Paris geplant ist, sollen 60.000 Mann aus 25 Staaten unter dem Kommando der Allianz in Marsch gesetzt werden, darunter 4.000 deutsche und mindestens 1.500 Russen.

Der russische Außenminister Andrej Kosyrew erklärte am Mittwoch, die Zusammenarbeit mit der Nato bei der Friedenstruppe in Bosnien können möglicherweise der geplanten Osterweiterung entgegenwirken. Die Kooperation gebe noch kein grünes Licht für die Nato-Erweiterung, sondern sei eine Alternative dazu, erklärte Kosyrew in einem Interview mit dem Rundfunksender Moskauer Echo.

Im Brüsseler Hauptquartier der Nato setzten die Verteidigungsminister der Allianz am Mittwoch ihre Beratungen über den Einsatz der Friedenstruppe in Bosnien fort. Außerdem wollten die Verteidigungsminister über die militärischen Folgen der geplanten Nato- Erweiterung nach Osteuropa beraten.

Unterdessen hat die Stationierung der ersten Soldaten einer Nato-Friedensstreitmacht in Bosnien bereits begonnen. Auf dem Flughafen der nordbosnischen Industriestadt Tuzla trafen elf US- Offiziere ein, die die Ankunft der ersten größeren Vorausabteilung in den nächsten Tagen vorbereiten sollen.

In der südungarischen Stadt Kaposvár werden für heute bis zu 1.000 Soldaten einer amerikanischen Vorhut erwartet, die dort ein Logistikzentrum errichten sollen. Zugleich darf die Nato-Friedenstruppe für ihren Einsatz in Bosnien ungarischen Luftraum und ungarisches Territorium benutzen.

Dies hatte das ungarische Parlament am Dientag abend in einer Dringlichkeitssitzung mit nur einer Gegenstimme und sechs Enthaltungen beschlossen. Ungarn wird damit als erstes osteuropäisches Land zeitweiliger Standort für eine Nato-Basis. Außerdem sieht die Entscheidung vor, daß die Nato in Ungarn eine Basis vorläufig ein Jahr lang unterhalten darf. Das Parlament bevollmächtigte die Regierung, Einzelheiten darüber mit der Nato auszuhandeln.

Die Entscheidung, in welcher Form Ungarn sich an der der bosnischen Friedenstruppe beteiligen wird, verschob das Parlament zunächst auf einen späteren Termin. Fest steht allerdings schon jetzt, daß das Land keine bewaffneten Truppen nach Bosnien entsenden wird. K.V.