Parlament verweigert der PDS Vizeposten

■ Eklat in erster Sitzung des neuen Abgeordnetenhauses: PDS-Kandidatin fällt bei der Wahl zur Vizepräsidentin durch

Eine Mehrheit hat im neuen Abgeordnetenhaus verhindert, daß die PDS den ihr zustehenden Vizeposten des Parlamentspräsidenten besetzen kann. Obwohl die drei stärksten Fraktionen CDU, SPD und PDS das Vorschlagsrecht für jeweils eines der drei Stellvertreterämter haben, ließ eine Mehrheit des Parlaments in seiner ersten Sitzung die PDS-Kandidatin Gesine Lötzsch durchfallen. 104 Stimmen wären erforderlich gewesen. Die Kandidatin wurde dreimal nominiert und konnte bei ihrem besten Ergebnis nur 102 Stimmen auf sich vereinen. Die Wahl war geheim, doch am Ergebnis war zu erkennen, daß die 87 Fraktionsmitglieder der CDU ihre Zustimmung nahezu geschlossen verweigerten.

CDU-Fraktionschef Klaus-Rüdiger Landowsky sah keinen Widerspruch darin, der PDS erst das Vorschlagsrecht einzuräumen, dann aber ihre Kandidaten prinzipiell abzulehnen. Er habe generell Bedenken, daß die PDS einen Vizeposten besetzt, weil er die Partei für undemokratisch halte, sagte er.

Sozialdemokraten und Bündnisgrüne kritisierten dagegen die CDU. Der ehemalige Fraktionschef der SPD, Ditmar Staffelt, bezeichnet es als eines Parlamentes „unwürdig“, die PDS-Kandidatin dreimal durchfallen zu lassen. Ein Parlament müsse bei der Wahl seiner Präsidenten auf Gemeinsamkeit setzen. Sozialsenatorin und Abgeordnete Ingrid Stahmer warf der CDU Inkonsequenz vor.

Aber auch einzelne Sozialdemokraten und Bündnisgrüne versagten der PDS-Frau ihre Unterstützung. Zusammen mit der PDS hätten die Stimmen von SPD und Grünen genügt, Lötzsch zur Vizepräsidentin zu wählen. Der bündnisgrüne Abgeordnete Michael Cramer etwa enthielt sich der Stimme, weil sich Lötzsch in der vergangenen Legislaturperiode geweigert habe, stasibelastete Fraktionsmitglieder zur Rückgabe ihrer Mandate zu bewegen.

Bis zur nächsten Sitzung des Abgeordnetenhauses am 25. Januar bleibt nun der Vizeposten unbesetzt. Die PDS überlegt ihr weiteres Vorgehen. Landowsky deutete an, daß seine Fraktion dann den dritten Vizeposten ganz abschaffen möchte – um so die PDS auszubooten. Die Grünen kündigten gestern eine Verfassungsklage an. Sie halten es verfassungsrechtlich für geboten, die drei Vizeposten mit einem Vertreter von SPD, PDS und Bündnis zu besetzen.

Die CDU hatte zuvor Verkehrssenator Herwig Haase als Parlamentspräsidenten durchsetzen können, der mit 127 Stimmen ein schlechtes Ergebnis einfuhr. Der neue Präsident des Parlamentes vereinigte damit nicht einmal alle 142 Stimmen einer möglichen Großen Koalition auf sich. Haase trat als Verkehrssenator unmittelbar vor der Wahl zurück. Als Vizepräsidenten wurden Reinhard Führer (CDU) und Marianne Brinckmeier (SPD) wiedergewählt. Dirk Wildt