■ Bette Midler 50!
: Miß Trashkultur

CNN wußte, was sich gehört: Interview zur besten Sendezeit. Der Anlaß war feierlich, Bette Midler hatte das erste Studioalbum seit vier Jahren produziert: „Bette of Roses.“ Ja, erzählte sie freimütig, ohne die Schwulen hätte sie ihre Karriere nicht genießen und überhaupt nicht beginnen können.

Das war Anfang der 70er Jahre in New York, auf der Kleinbühne der Homosauna Baths — einem Ort, der mit einer Konzerthalle soviel zu tun hat wie ein Feuchtbiotop mit dem Bayreuther Hügel. Aber erstens hatte sie als unbekanntes Mädchen aus Hawaii gerade keine andere Bühne, und zweitens wollte sie ganz nach oben. Und: „Man hatte mir erzählt, daß die Schwulen ein gutes Gespür für Talent haben.“

Bette of RosesFoto: Reuter

Was das Publikum damals an ihr liebte, hat sie als Markenzeichen bis heute beibehalten: Pralles, derbes, zartes und zugleich melodramatisches Entertainment. Die Zutaten: Zotiges („Babe, noch'n Arschlifting, und du hast vier Backen im Gesicht“), Nostalgisches (Parodien auf sämtliche guten Geister des Showbiz), auch bitter Flehendes („Liebe ist die einzige Münze, die man mir nur selten heimzahlt“). Kein All-American-Girl, sondern klein, pummelig, eisern — eine Avantgardistin des Trash. Schon auf dem Schulhof soll sie über die Flure stolziert sein wie eine Königshenne über ihren Misthaufen. Nur ihre treuesten Fans verziehen ihr Auftritte als Würstchen, am Kopf mit Senf beschmiert.

Heute wird Midler, hierzulande vor allem als Schauspielerin bekannt, verehrt als eine, die nie Verrat an der Sache begangen hat: Vor allem in New York hat sie Barbra Streisand, die mehr mit Hillary Clinton über Wohlfahrtsprogramme plaudert als singt, überholt. Ihre Show vor zwei Jahren in der Radio City Hall war Wochen zuvor ausverkauft. Ihre Lieder wurden teilweise zu Evergreens, wobei „From a distance“ amerikanischen Soldaten im Golfkrieg als Hymne diente.

Ihre neue CD wurde wieder von Arif Mardin produziert, dem Spezialisten für alle Fälle, bei denen es weniger auf gutes Songmaterial, dafür um so mehr hörbare Arrangements ankommt: „Bette of Roses“ strahlt vom Coverfoto wieder wie die beste Freundin, die nach langen Jahren mal wieder in die Stadt kommt, um nach dem Rechten zu schauen. Heute wird sie 50 Jahre alt. Jan Feddersen