Abschiebeknast statt Heimreise

Grotesk: Ein Nigerianer ohne Aufenthaltsberechtigung wollte in sein Heimatland zurückreisen. Falsche Papiere brachten ihn in Abschiebehaft  ■ Von Jürgen Voges

Hannover (taz) – Der Inhaftierungsdrang deutscher Ausländerbehörden nimmt zuweilen groteske Formen an: Weil er in sein Heimatland Nigeria zu reisen versuchte, sitzt der Flüchtling Saliv Mvunvru Gbolahan jetzt schon zum zweiten Mal in Anschiebehaft.

In sprichwörtlich letzter Minute vor seinem Start nach Nigeria wurde Saliv Gbolahan am 1. November auf dem Frankfurter Flughafen festgenommen. Bei der Paßkontrolle vor dem Abflug fiel dem Bundesgrenzschutz auf, daß der Flüchtling unter dem Namen und mit den Papieren eines Landmannes in sein Herkunftsland reisen wollte. Auch sein One-Way-Ticket nach Nigeria bewahrte Saliv Gbolahan daraufhin nicht mehr vor der Festnahme.

Durch Abnahme der Fingerabdrücke stellten die Grenzschützer fest, daß Herr Gbolahan im niedersächischen Landkreis Hildesheim ein Asylverfahren durchlaufen und danach zwei Jahre illegal in der Bundesrepublik gelebt hatte. Der unzweifelhaft ausreisewillige Flüchtling, der inzwischen wieder vom Hildesheimer Asyl e.V. betreut wird, landete auf Antrag der Stadt Franfurt in der Abschiebehaftanstalt Offenbach.

Aus der hessischen Abschiebehaft wurde Herr Gbolahan allerdings am 16. November wieder entlassen, weil die die dortige Landesregierung nach den Hinrichtungen in Nigeria einen Abschiebstopp erlassen hatte. Bei seiner Entlassung erhielt der Flüchtling die Auflage, sich bei der für ihn zuständigen Ausländerbehörde des Landkreises Hildesheim zu melden. Dies tat Saliv Gbolahan auch umgehend. Er hatte die Hoffnung, seine bei den Hildesheimer Ausländerbehörden verwahrten Papiere zurückzuerhalten und damit dann ordnungsgemäß ausreisen zu können.

Der Landkreis Hildesheim allerdings hatte nicht anderes zu tun, als erneut Abschiebehaft für den ausreisewilligen Flüchtling zu beantragen. Denn in Niedersachsen sind zur Zeit die Abschiebungen nach Nigeria zwar ausgesetzt, in Abschiebhaft werden Nigerianer aber sehr wohl weiterhin genommen.

Für Saliv Gbolahan, der nun in der Haftanstalt Wolfenbüttel sitzt, macht es einen wichtigen Unterschied, ob er die Bundesrepublik freiwillig verlassen darf oder regelrecht abgeschoben wird. Während der zwei Jahre, die er illegal in Hildesheim lebte, hatte er seine deutsche Lebensgefährtin kennengelernt. Heiraten konnte das Paar aber nur in Nigeria, da Saliv Gbolahan in der Bundesrepublik ohne Papiere war.

Um die Hochzeit in Nigeria vorzubereiten, wollte Saliv Gbolahan Anfang November von Frankfurt aus in sein Herkunftsland fliegen. Nach der Eheschließung wollte seine Verlobte ihm dann über einen Antrag auf Familienzusammenführung die Rückkehr in die Bundesrepublik ermöglichen. Eine Abschiebung aber würde diese geplante Familienzusammenführung in weite Ferne rücken. Sie wäre mit einer mehrjährigen Wiedereinreisesperre und hohen zu erstattenden Abschiebekosten verbunden.

Die Appelle des niedersächischen Flüchtlingsrats und des Hildesheimer Asyl e.V., Herrn Gbolahan doch einfach ganz normal ausreisen zu lassen, hat das niedersächsische Innenministerium bisher abschlägig entschieden.