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„Ohne Licht bin ich nicht“

Nicht auf die Form kommt es an, sondern auf das Licht: golden, warm. Lichtobjekte von Enzo Catellani — Eine Ausstellung des Möbelhauses „Arno“  ■ Von Anja Dilk

„La luce e basta“, Licht, nichts als Licht. TelChiSu, goldbeschichtete, flache Scheiben, die das Licht einer Birne golden in den Raum zurückwerfen. Malagola, eine halbförmige Kugel, zusammengedrückt, in feinem Goldmantel. Colonna, eine metallene Säule mit einer elypsenförmigen Öffnung. Die zarten Goldfetzen, mit denen sie gefüttert ist, wehen in der warmen Luft der Birne am Fuß der Röhre. Perfekte Einfachheit. Materiell und doch sinnlich. Für Catellani ist nicht die Form seiner Lichtkörper wichtig. Es ist seine Vorstellung von Licht, die er vermitteln will. Catellani suchte warmes, natürliches Licht. Der Weg dahin: Gold. „Denn Gold“, sagt Catellani, „gibt warmes Licht wie eine Kerze.“

Seit heute sind „Luci d‘oro“, die Lichtobjekte des Italieners in den Gewölben „Arnonoa“ des Möbelgeschäftes „Arno“ zu sehen. Goldene Lampen inszeniert vor schwarzem Grund. „Catellani macht das Außergewöhnlichste, das in Sachen Licht in den letzten Jahren gemacht worden ist“, findet Axel Fuhrmann von „Arno“. Seit 1927 gibt es das Lampen- und Möbelgeschäft in den S-Bahnbögen am Savignyplatz. Die Suche nach Neuem, Avantgardistischem gehört schon seit langem zu den Markenzeichen des Ladens. „Design verbraucht sich wie ein Stück Seife. Enzo Catellani aber ist ein Machertyp“, sagt Fuhrmann, „er legt keinen Wert auf Design. Im Gegenteil: Er will Ungestaltetes, Nulldesign, das den Bedürfnissen der Leute entspricht. Gerade jetzt, wo der Markt für Design allmählich übersättigt ist, ist das gut.“

Fast zufällig erfuhr Axel Fuhrmann durch Bekannte von Catellani. Nach der Mailänder Möbelmesse fuhr er nach Bergamo. Bei einer italienischen Mama saß man an mit Plastikdecken gedeckten Tischen und trank Grappa. Catellani trug Weinkisten herbei und zauberte seine Leuchten mit Handschuhen aus knisterndem Seidenpapier. Und er zeigte ihnen die kleine Werkstatt, in der junge Frauen inmitten großer Gemälde die Objekte auf einer Filzunterlage zusammensetzten. „Mich faszinierte der Kontrast zur durchgestylten Möbelmesse“, sagt Axel Fuhrmann, „und das Indirekte, das Heimliche seiner Objekte.“

Enzo Catellanis Firma entstand 1989. Irgendwo in einer kleinen Werkstatt, in der Nähe von Bergamo, Italien. Nicht mehr als neun, zehn Mitarbeiter hat sein Betrieb. Alles wird in Handarbeit produziert. Die hauchdünne goldene Folie, ein Gemisch aus Kupfer und Messing, wird in drei Lagen mit Spray auf die Leuchten gedrückt.

Was Catellani vorher gemacht hat, woher er kommt, darüber redet er nicht gern. Mit seiner künstlerischen Arbeit hat für ihn ein neuer Lebensabschnitt begonnen. Wozu also über die Vergangenheit schwadronieren. Was davor war kleidet er gern in erfundene Geschichten. Geschichten um einen Dorfschmied in Fornovo, der im Sommer 1985 Logan Smith, einen Architekten mit einer Leidenschaft für die Welt der Pferderennen kennenlernt, mit ihm in der Euphorie der Nächte auf Menorca die Idee für handwerkliche Lichtobjekte spinnt. Natürlich stimmt das alles nicht. Denn Logan Smith war sein Pferd, inzwischen verstorben, und Catellani nie Dorfschmied. Die Idee aber entstand tatsächlich auf Menorca, als man abends auf der Terasse bei einem Gläschen zusammensaß. Und die Firma nennt sich bis heute „Catellani und Smith“. Erfundene kleine Geschichten, die ihm fast die Aura des Mystischen verleihen. Freilich, das ist nicht gezielt, das ist keine PR-Strategie. Catellani will einfach, daß man auf seine Objekte, nicht auf ihn schaut. Und er will nicht größer werden, er will nicht Zahlen nachjagen, expandieren und plötzlich zehn weitere Leute einstellen müssen. „Enzo Catellani ist ein Antimessenmensch“, sagt Renate Meese, die heute Catellanis Lampen in Deutschland vertreibt. „Und er möchte weiter handwerklich arbeiten.“

Die ersten Entwürfe machte Catellani bereits Anfang der 80er Jahre. Während in der internationalen Designerszene Halogen und kühles Design boomten, setzte Catellani andere Akzente: Warmes, indirektes Licht. Allmählich wurde er bekannter. 1994 sollte er im Auftrag der „Commissione delle Belle Arti“ eine Klosterkapelle aus dem 15. Jahrhundert ausleuchten. Catellani projizierte das Licht auf goldene Scheiben, das die Kapelle in warmes Licht tauchte. „Luci d'Oro“ war geboren.

Modische Trends sind Catellani gleichgültig. „Mir geht es nicht um das Gold, sondern um das spezielle Licht, das es erzeugt.“ Denn: „Sine Lumine pereo.“ Ohne Licht bin ich nicht.

Ab dem 2. Dezember bei „Arnonoa“, Kantstraße 23, Berlin-Charlottenburg, zu den normalen Geschäftszeiten.

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