■ Schnittplatz
: Verstopft

„Bescheidenheit wird einem leicht in Armut umgedeutet“, hat n-tv-Chef Karl-Ulrich Kuhlo leidvoll erfahren müssen, als er beim Senderstart die Nachrichten schwarzweiß präsentieren ließ. Nun, das ist vorbei, seit dem dritten Geburtstag, Donnerstag 17 Uhr, zeigt sich der Nachrichtensender in neuer blau-orangener Studiodekoration, mit zwei Anchormen (zu Lars Brandau kommt der aus dem ZDF-Sportstudio bekannte Bernd Heller); Frauen dürfen mit ihnen als Wirtschafts- und Nachrichtenredakteurinnen auftreten.

Auch sonst hat Geschäftsführer Kuhlo die Bescheidenheit als Zier erkannt. Den stinkgewöhnlichen Marktanteil des Senders (0,3 bis 0,4 Prozent) muß man ja auf der Pressekonferenz nicht nennen, gern aber die Tagesreichweite: 2,5 Millionen schalten mindestens einmal ein. Vor allem aber natürlich die hohe Nutzung durch „Meinungsführer“, was die Werbekunden freut.

Und dann hat Kuhlo Emnid fragen lassen, welche Fernsehprogramme die Bundesbürger ab 18 Jahre „ein- oder mehrmals täglich einschalten“. Siehe da, schon an siebter Stelle n-tv, mit 10 Prozent. Weit dahinter die ersten Dritten Programme, mit sieben Prozent. Die meisten von denen aber haben einen der knappen bundesweiten Kabelplätze. n-tv zwar auch – aber nicht CNN, immerhin größter Gesellschafter bei n-tv. Außerdem kämpft n-tv-Chef Kuhlo für alle privaten Spartenprogramme, ob für Frauen, Kinder oder Popfans, die werden nämlich durch die „Kanalverstopfungspolitik von ARD und ZDF“ außen vor dem Kabel gehalten.

Raffinierterweise hatte er allerdings nur nach „täglich eingeschaltenen“ Programmen fragen lassen. Und wie viele Berliner schalten schon täglich Bayern 3 ein. Doch man kann auch anders rechnen, mit den Quoten vom Oktober: Im 24-Stunden-Schnitt hatten die acht Dritten Programme 860.000 Zuschauer, davon entfielen 520.000 auf den jeweiligen Landessender und 360.000 auf die sieben anderen. Macht gut 50.000 pro Kabelverstopfer. n-tv wäre, so hören wir von Herrn Kuhlo, heute schon aus den roten Zahlen raus, hätte er selber 50.000 Zuschauer. Hat er aber nicht.Michael Rediske