Lizenz zur Geldvermehrung

■ Vom Erbschafts- zum Scheidungskrieg: Die Steueraffäre des Banknotendruckers Siegfried Otto weitet sich aus

München/Berlin (dpa/taz) – Das Drucken von Banknoten ist eigentlich ein Geschäft für seriöse Unternehmen. Nun stellt sich aber doch die Frage, wem die Bundesbank eine so heikle Aufgabe anvertraut. Der Münchner Gelddruck-Konzern Giesecke&Devrient GmbH (G&D), der rund die Hälfte der deutschen Banknoten druckt, scheint die Lizenz zum Gelddrucken jedenfalls allzu wörtlich genommen zu haben.

Mindestens 200 Millionen Mark, die das greise Oberhaupt des Familienkonzerns mit dem Gelddrucken verdiente, sollen am Finanzamt vorbei in privaten Geldköfferchen und dann vermutlich im Ausland gelandet sein. Siegfried Otto (80), dem offenbar der Fiskus auf den Fersen war, hat inzwischen zugegeben, daß er Selbstanzeige erstattet hat und 100 Millionen Mark Steuern nachzahlte. Mit einer Selbstanzeige entgehen Steuersünder der Strafverfolgung. Das 1852 in Leipzig gegründete Unternehmen G&D, in das Otto nach dem Krieg einheiratete, bringt es auf etwa eine Milliarde Mark Jahresumsatz. Neben der Bundesbank gehören die Notenbanken aus schätzungsweise 60 Ländern zu den Kunden; außerdem stellt G&D mit seinen 4.000 Beschäftigten Plastikgeld und Telefonkarten her. Otto besitzt 95 Prozent der Firma.

Die Triebe und Umtriebe der Clanmitglieder füllen schon länger die Gesellschaftskolumnen der einschlägigen Presseerzeugnisse. Die Gerüchte reichen von illegalen Waffengeschäften bis zur Lieferung goldener Toilettenschüsseln nach Afrika. Gesichert ist, daß vor einem Monat urplötzlich G&D- Vorstandsmitglied Thomas Rademacher gefeuert wurde, daß vor wenigen Tagen ein Sicherheitsangestellter tot aufgefunden wurde und daß die Familienverhältnisse in der Dynastie zumindest als problematisch gelten können. Erst kam es zum Erbschaftskrach zwischen Otto und seinen Söhnen aus erster Ehe, als der Vater 1989 eine dreißig Jahre jüngere Frau ehelichte. Die Söhne Tilman und Yorck ließen sich mit 40 Millionen den Abgang aus dem Familienunternehmen vergolden. Dann kam es zum Scheidungskrach, als Gattin Bambi sich unter anderem mit einem Friseur in zweifelhafter Pose auf einem Piano fotografisch erwischen ließ. Zuletzt verpraßte Schwiegersohn und Pleitier Thomas Kramer 300 Millionen Mark in den USA, die ihm Otto angeblich zur Vermögensverwaltung anvertraut hatte.

Jetzt droht den Banknotendruckern eine Vertrauenskrise. Die Bundesbank stellt sich hinter G&D. Bislang noch jedenfalls. Ausgerechnet ein anderer Otto- Schwiegersohn, Hans-Christoph von Mitschke-Collande, soll nun G&D aus der Krise führen. Am 13. Dezember wird ihn vermutlich der Aufsichtsrat zum neuen Finanzgeschäftsführer küren. lieb