Umweltfreundlicher Drittwagen

Die Autolobby untergräbt erfolgreich das Vorhaben, mehr Elektroautos auf kalifornischen Straßen fahren zu lassen  ■ Aus San Francisco Ingo Malcher

Auf den ersten Blick sehen sie aus wie aufgeblasene Eier auf Rädern. Doch an ihren Anblick wird man sich in Kalifornien gewöhnen müssen. Ab 1998 sollen in dem Bundesstaat zwei Prozent aller von den großen Automobilkonzernen auf den Markt geworfenen Neuwagen Elektroautos sein. Firmen, die sich nicht daran halten, droht eine empfindliche Strafe.

Diese Regel gilt allerdings nur für die sogenannten großen Sieben der kalifornischen Autobranche: General Motors, Ford, Chrysler, Toyota, Nissan, Honda und Mazda. Wer weniger als 35.000 Blechkisten im Jahr absetzt, braucht keine „Null-Emissions- Fahrzeuge“ zu bauen. Dadurch sind alle europäischen Konzerne von dieser Regelung ausgenommen.

Auch die zwei Prozent stehen keineswegs fest. Die großen Sieben der Branche und die Ölindustrie sind darüber nämlich keineswegs begeistert. Ihrer intensiven Lobbyarbeit dürfte es zu verdanken sein, daß bei der endgültigen Entscheidung über das „Null- Emissions-Fahrzeug“ im Januar 1996 diese Zahl noch weiter sinken wird. Ein neuer Plan der kalifornischen Regierung umgeht die Zweiprozentmarke bereits. Danach sollen bis 1998 insgesamt 14.000 Elektromobile gebaut werden. Das sind knapp unter zwei Prozent. Ohnehin werden durch die kalifornische Zweiprozentregelung striktere Programme in anderen Bundesstaaten ausgebremst. Denn anderswo wird sich die Autolobby nun niemals auf höhere Elektroquoten einlassen.

Bob Baldrige von der kalifornischen Energiekommission ist dabei jedoch optimistisch, daß solche Autos KäuferInnen finden werden. Der taz sagte er: „Die Leute sind interessiert, wenn der Preis stimmt. Ob die Firmen solche Autos verkaufen können, ist eine Frage des Marketings.“ Auch Roland Hwang von der Union Besorgter Wissenschaftler sieht durchaus einen Markt für Elektrogogos in Kalifornien. Doch „es hängt viel von den großen Automobilkonzernen ab“. Schließlich haben sie die Technik für die Elektromobile in ihrer Hand. „Wenn sie entscheiden, daß das Programm erfolgreich sein wird, dann wird es erfolgreich. Wenn nicht, dann eben nicht“, sagt Hwang. Doch eine Alternative sieht er nicht: „Im Jahr 1995 ist es besser, mit den Autokonzernen zusammenzuarbeiten, als sie zu bekämpfen.“

Um den Absatzmarkt für „Null- Emissions-Fahrzeuge“ anzukurbeln, wird sich der kalifornische Staat Elektromobile zum Eigengebrauch anschaffen. Die BesitzerInnen von „Null-Emissions-Fahrzeugen“ bekommen nachts einen billigeren Stromtarif für das Auftanken ihres Gefährts. In Parkhäusern sind Aufladestellen geplant, an denen die Elektroautos über Nacht wieder fit gemacht werden.

Doch so umweltfreundlich, wie sie daherfahren, sind die Null- Emissions-Autos nicht. Der Strom für ihre Batterie kommt in Kalifornien zu 30 Prozent aus Erdgas, zu 15 Prozent aus Kernenergie und zu jeweils 10 Prozent aus Kohle und Wasserkraft. Der Anteil von Windkraft liegt bei etwas mehr als einem Prozent. Der Rest des Stroms wird importiert.

Die Zahl der Blechkisten in den Städten wird durch Elektromobile zudem nicht verringert. „Bus oder Bahn zu fahren wäre das beste; in den meisten Fällen sind Autos aber bequemer“, sagt Christophe Malaterre, Projektmanager bei Pivco, einem norwegischen Elektromobilhersteller.

So werden die Elektroflitzer wohl eher als Dritt- oder Viertwagen zum Einkaufen angeschafft. Dann nehmen sie immerhin weniger Platz ein als ein dicker Mercedes oder Chevrolet. Bleibt ein Vorteil der Elektromobile: Sie sind recycelbar.