Ein Rettungsring für die bedrohten Universitäten

■ Protestaktion gegen Uni-Abbau – mit freundlicher Hilfe vom Kahlschläger

Wer vergeblich auf den heißen studentischen Herbst gewartet hat, der darf sich jetzt die Augen reiben. Ab heute gehen die Verteidiger des Bildungsstandortes Deutschland unter dem Mottto „Hochschulen bilden Berlin“ in die Offensive. Von über 2.000 Plakatwänden wird ein Kleinkind mit Schirmmütze den Berlinern die Zunge zeigen. Daneben der Spruch: „Bildung ist Zukunft“. Unterlegt mit einem Rettungsring.

Damit soll dem Volk deutlich gemacht werden, daß es die Hochschulen dringend braucht. Mit maßgeblicher Unterstützung des Senators für Wissenschaft, Manfred Erhardt (CDU), und einer Werbeagentur konnte die 200.000 Mark teure Aktion gesponsert werden. Dabei tut sich der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft mit einer Spende von 50.000 Mark besonders hervor. Dem Stifterverband wird Erhardt vorstehen, wenn er im Frühjahr sein Senatorenamt an den Nagel hängt.

Das Problem ist nur: Die Aktion, die von vier Kommunikationsstudenten der Hochschule der Künste (HdK) ausgeht, wird von den Hochschulen selbst mit Argwohn begleitet. Die studentische Seite will nicht einsehen, wie man mit jemandem gemeinsame Sache machen soll, der für den bildungspolitischen Kahlschlag der letzten Jahre verantwortlich ist. „Der versteht doch unter Innovation und Reform völlig andere Inhalte als wir“, sagt Jana Schütze vom AStA der Humboldt-Universität. Außerdem würden sich die Studenten von der Initiative „völlig überfahren“ fühlen. Erst vor zehn Tagen sei das Projekt vorgestellt worden. „Viel zu spät, um dann noch begleitende Aktionen zu organisieren.“ Die Landes-AStenkonferenz habe deshalb entschieden, die Postkartenaktion nicht zu unterstützen, sagt die AStA-Referentin. Außer den Plakaten sollen nämlich 100.000 Postkarten verteilt werden. Die Initiatoren hoffen, daß möglichst viele Karten unterschrieben den Weg in das Abgeordnetenhaus finden. Die Studenten der TU erwägen sogar, aktiv gegen diese Aktion vorzugehen.

„Da unsere Studenten gegen diese Initiative eingestellt sind“, will auch die TU-Verwaltung sich nicht an der als drittes Kampagnenelement geplanten Fahnenaktion beteiligen. „Wenn wir jetzt diese Fahnen hissen würden“, sagt die TU-Sprecherin Janny Glesmer, „würden wir nur unsere Studenten brüskieren.“ Anders sieht man es bei der Humboldt-Universität. „Auch wenn sich die Euphorie in Grenzen hält“, sollen die rechteckigen Fahnen (1,50 Meter auf 4,50 Meter) in den Farben Rosa, Gelb, Lila und Hellbraun ab heute an den Universitätsgebäuden flattern. Die Initiatoren der HdK haben schon mal gegen die schwache bis negative Resonanz auf seiten der Betroffenen vorgebaut. „Selbst wenn die ASten versuchen, unsere Aktion zu verballhornen, sehen wir uns nicht gekränkt oder falsch verstanden“, betonen sie. Christoph Oellers