Das Portrait
: Diktator mit Einzelzelle

■ Chun Doo Hwan

Schon an dem Tag, als sein Name erstmals um die Welt ging, hätte er ins Gefängnis gehört. Gestern lieferte ihn ein 100 Autos langer Konvoi dort ab: Der heute 64jährige Chun Doo Hwan, Südkoreas Diktator von 1980 bis 1988, kam am 12. Dezember 1979 mit einem Putsch an die Macht. Niemand, nicht einmal die Washingtoner Schutzmacht, hatte damals den Coup jenes jungen Generalmajors der Fallschirmjäger erwartet. Welche grausamen Folgen der Machtwechsel haben sollte, zeigte sich sechs Monate später: Im Mai 1980 ließ Chun seine Fallschirmjäger in die gegen die angehende Diktatur revoltierende Provinzstadt Kwangju einmarschieren. Mindestens zweitausend Demonstranten wurden niedergemetzelt. Bis gestern wurde keiner dieser Morde geahndet – doch mit Chun im Gefängnis und einem bevorstehenden Großverfahren gegen die Befehlsgeber des Massakers dürften Mitleid und Ignoranz ein Ende nehmen. Chun droht die Todesstrafe. Für Millionen von Südkoreanern, die unter seiner Diktatur gelitten hatten, war gestern ein Tag zum Feiern.

Jahrelang schien Chun seinem gerechten Schicksal zu entwischen. Nachdem er seine Macht 1988 an den ersten demokratisch gewählten Präsidenten Roh Tae Woo übergeben und seine Sünden anschließend durch einen zweijährigen Klosteraufenthalt symbolisch abgegolten hatte, lebte Chun unbehelligt in Seoul. Chun hatte sich noch bei seinem Abschied aus dem Präsidentenamt als Meisterstratege erwiesen: Denn mit Roh Tae Woo regierte fortan sein engster Freund aus den Tagen des Putsches. Selbst als Roh 1993 sein Amt an Nachfolger Kim Yung Sam abgeben mußte, hatte Chun seine Finger im Spiel. Denn Kim, als erster ziviler Präsident Südkoreas seit über dreißig Jahren gefeiert, hatte sich während des Wahlkampfes mit der ehemaligen Regierungspartei Chuns verbündet.

Südkoreas Ex-Diktator Chun Doo Hwan Foto: AP

Doch alle politischen Taktiken Chuns konnten die Wunden der Vergangenheit nicht heilen. Zumal Kim Yung Sam nichts vergaß: Jahrelang hatte Chun den jetzigen Präsidenten unter Hausarrest gestellte. Bis zu zweitausend politische Gefangene saßen in den achtziger Jahren hinter Gittern. Kim Dae Jung, den derzeitigen Oppositionsführer, hatte Chun zum Tode verurteilen lassen – nur ein Antrittsbesuch bei US-Präsident Reagan hinderte ihn an der Vollstreckung. Georg Blume